Hindenburg musste seinen Platz räumen

Jede Kiste eine Fundgrube für sich: Ibbenbürens Stadtarchivarin Irina Weinberger inmitten von Aktenbeständen und historischen Karten. Foto: Stadt Ibbenbüren / André Hagel

Ibbenbüren

Ibbenbüren. Der Neumarkt wandelt in diesen Wochen deutlich sein Gesicht. Schmucker als bislang wirkt er, durch so manches frisch aufgestellte Mobiliar. Das lässt beinahe vergessen, dass auch er ein geschichtsträchtiger Ort mitten in der Ibbenbürener Innenstadt ist.

Die Historie des Neumarktes ist tatsächlich wechselvoll, schon was die Namensgebung angeht. Was mit ein Grund dafür ist, dass Ibbenbürens Stadtarchivarin Irina Weinberger am Sonntag (4. März) von 11 bis 17 Uhr in der Wettringer Bürgerhalle die Geschichte des Neumarktes präsentieren wird – auf dem diesjährigen Tag der Archive. Der Eintritt zu dieser Veranstaltung ist frei.

„Mal sehen, was ich Schönes erzähle“, lacht Weinberger. Einen ganzen Satz historischer Materialien hat die muntere 49-Jährige bereits für den öffentlichen Schautag von über 20 kommunalen Archiven aus dem Kreis Steinfurt zusammengestellt. Reproduktionen von Fotos, Ansichtskarten und Urkunden liegen auf dem Tisch vor ihr.

Pläne von Anfang des 19. Jahrhunderts, historische Zeitungsausschnitte, Auszüge aus dem Ibbenbürener Adressbuch von 1939… Ein Mangel an geschichtlichen Zeugnissen ist im Fall des Neumarktes tatsächlich nicht zu beklagen. Als Hingucker für ihren Infostand beim Tag der Archive hat Weinberger die Entwicklung des Neumarktes in Grundzügen in einem Großplakat zusammengestellt. Geschichte auf einen Blick. So geschickt montiert wie schick anzusehen.

Die Geschichte des Neumarktes selbst – sie beginnt zunächst als ein Flecken Erde, der von Gärten umgeben ist. Bis Ende des 19. Jahrhunderts sind diese angelegt. Ab Anfang des 20. Jahrhunderts dient der Platz dann als Viehmarkt – und wird praktischerweise auch gleich so genannt. Aus ihm wird eine Verlängerung des Oberen Marktes. Mitte der 1930er Jahre wächst hier der Neubau des Ibbenbürener Feuerwehrhauses aus dem Boden, die erste bedeutende Bebauung auf dem Areal. Von 1937 bis 1945 firmiert der Platz als Hindenburgplatz.

Kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wird aus dem Hindenburgplatz schließlich der Neumarkt. „Einen örtlichen Beschluss hierüber sucht man im Stadtarchiv vergebens“, legt Irina Weinberger dar. „Das war vielmehr eine Sache der britischen Besatzungsmacht: Sie hatte angeordnet, Straßennamen, die mit dem NS-Regime in Verbindung gebracht wurden, zu beseitigen. Allerdings war nicht ganz klar, ob der Name ,Hindenburgplatz‘ dazu gehören sollte oder nicht.“ Jedenfalls verschwindet diese Bezeichnung aus dem Stadtbild. In Ibbenbüren wird somit bereits früh vollzogen, was im Falle des Hindenburgplatzes in Münster noch bis zu einem schlagzeilenträchtigen Bürgerentscheid Anfang des 21. Jahrhunderts auf sich warten lässt.

Weinberger, von Haus aus Physikingenieurin und seit 2007 Archivarin der Stadt Ibbenbüren, geht in ihrem Büro im Untergeschoss des Rathauses einige alte Zeitungsausschnitte zum Neumarkt beziehungsweise zu dessen Vorgängerversionen durch. „Straßennamen sind ein Ausdruck des Geschichtsbewusstseins einer Stadt“, führt sie aus, wie Wandlungen zu interpretieren sind. Der Eintritt ist frei.


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