40 Jahre Selbsthilfe für psychisch kranke Menschen

Engagieren sich seit 35 und 40 Jahren in der Selbsthilfe für psychisch Erkrankte: Rainer Wyrobek (l.) und Jürgen Frommer (r.) treffen sich seit zwei Jahren mit Gleichgesinnten zum Austausch in den Räumen des Reha-Vereins Lengerich und würden sich über neue Gruppenmitglieder freuen. Foto: Reha-Verein

Lengerich

Lengerich. Seit genau 40 Jahren gibt es Selbsthilfegruppen für psychisch Erkrankte im Altkreis Tecklenburg. Jürgen Frommer, ein Mann der ersten Stunde, ist sich sicher: „Ohne die Gruppe hätte ich mein Leben mit der Krankheit nicht so gut in den Griff bekommen.“ Der 63-jährige Lengericher war dabei, als sich 1977 der erste Gesprächskreis für entlassene Patienten der Westfälischen Klinik gründete.

Heute trifft sich Jürgen Frommer alle zwei Wochen mit vier Männern und drei Frauen in den Räumen des Lengericher Reha-Vereins an der Bodelschwinghstraße. „Dieses langfristige Engagement ist schon etwas Besonderes“, betont Klaus Hahn, Vorsitzender des Reha-Vereins. „Zumal die Mitglieder ihre Selbsthilfe schon seit Jahren in Eigenregie organisieren.“

Rainer Wyrobek ist fast genauso lange dabei wie Jürgen Frommer. „Bis auf wenige Ausnahmen wurden wir von unseren Familien und Freunden mehr oder weniger abgeschrieben“, erinnert sich Rainer Wyrobek. Viele psychisch Erkrankte fühlen sich – damals wie heute – von ihrem Umfeld stigmatisiert. Neben ihrer Erkrankung müssen sie auch mit den Vorurteilen ihres gesellschaftlichen Umfeldes fertig werden. Und dabei hilft ihnen der Austausch mit Gleichgesinnten: „In der Gruppe sprechen wir Dinge an, über die wir sonst so gar nicht reden könnten“, sagt Jürgen Frommer. Und das gibt Kraft, die bei der Alltagsbewältigung hilft. Der 56-Jährige ist heute verheiratet und hat eine feste Arbeitsstelle. Ein Leben, das ihm damals keiner zugetraut hätte.

Für die Mitglieder ist die Selbsthilfegruppe eine feste Größe in ihrem Leben. Über die Jahre haben sich Freundschaften gebildet und die Teilnehmer sind auch außerhalb der regulären Treffen füreinander da. Denn so gut sie ihren Alltag auch meistern, ihre Erkrankungen begleiten sie doch ihr Leben lang, wie Jürgen Frommer betont. Deshalb helfen sie sich gegenseitig mit Tipps und Ratschläge und werden dabei zunehmend zu „Experten“ ihrer eigenen Krankheit.
Dabei spielt die Selbsthilfe eine wichtige Rolle. Für den Reha-Verein war es deshalb selbstverständlich, die engagierte Gruppe mit Räumen und bei Bedarf mit Rat zu unterstützen.

Jürgen Frommer weiß mittlerweile sehr genau, was gut für seine psychische Gesundheit ist und was er besser meiden sollte. Gerne würden er und die anderen Mitglieder ihre Erfahrungen auch mit jüngeren Betroffenen austauschen. Das Programm der 14-täglichen Treffen sei sehr abwechslungsreich, wirbt er für die Gruppe. Neben den Gesprächen stünden regelmäßig gemeinsame Aktivitäten an.

Interessierte können die Gruppe unverbindlich bei einem Treffen kennenlernen. Der Kontakt ist möglich über Melanie Tillmann vom Reha-Verein, Telefon 05481 / 9449-60.


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