Zahl der Fundtiere steigt kontinuierlich

Überregional

Kreis Steinfurt (at). Es ist ein Urteil, dass von Tierschützern regelrecht gefeiert wird: Fundbüros der Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen müssen von Jägern aufgenommene streunende Katzen annehmen.

 

Das hat das Verwaltungsgericht Münster am 15. Oktober in einem Musterprozess entschieden (Az. 1 L 1290/15). Ein Jagdaufseher hat mit Unterstützung des Landesjagdverbandes NRW den Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung gegen die Gemeinde Ascheberg (Kreis Coesfeld) erstritten.

Gerade Tierschutzvereine kämpfen seit Jahren einen Kampf gegen Windmühlen: Sobald sie ein Fundtier dem Ordnungsamt einer Stadt oder Gemeinde mitteilen, will diese es nicht als Fundtier anerkennen und damit für die Kosten der Versorgung beziehungsweise Unterbringung des Tieres im Tierheim aufkommen. Als typische Antwort gibt es dann nur den Satz: „Für herrenlose Tiere sind wir nicht zuständig.“

Seit dem Inkrafttreten des neuen Landesjagdgesetzes sind Jäger verpflichtet, streunende Katzen einzufangen – und seit dem Prozess ist auch deutlich: Die Gemeinde muss die gefangene Hauskatze vorläufig als Fundkatze in Verwahrung nehmen. Nach LJV-Einschätzung hatten sich die NRW-Kommunen darauf verständigt, keine Fundkatzen anzunehmen. Diese reflexartige Abwehrhaltung habe das Gericht nunmehr beendet, wie LJV-Justitiar Hans-Jürgen Thies betonte. Nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichtes sei die Verwahrungspflicht für Fundsachen eine öffentlich-rechtliche Aufgabe der Gemeinde des jeweiligen Fundortes. Bei der Auslegung des Begriffs „Fundtier“ müsse das grundgesetzlich verankerte Staatsziel des Tierschutzes berücksichtigt werden. Eine Auslegung und Verwaltungspraxis, die entgegen den Vorschriften des Tierschutzgesetzes davon ausginge, dass aufgefundene Tiere in aller Regel ausgesetzt worden und damit herrenlos seien, stünde im Widerspruch zu diesen tierschutzrechtlichen Zielen.

 

So gut wie alle Fundtiere – sehr häufig handelt es sich um Jungtiere oder gar Kitten – sind krank und müssen erst einmal gesundgepflegt werden. Foto: TSV Ibbenbüren

Auch im Kreis haben die ersten Jäger die gefangenen Katzen im Tierheim abgegeben. Ein Jäger brachte sogar eingefangene Katzen direkt zum Fundamt und ließ sie dort – der Prozess gibt ihm Recht. „Für uns Tierschutzvereine ist dies ein großer Gewinn, denn nun vergrößern sich auch die Chancen für uns, dass Fundtiere endlich als solche angenommen werden“, betont Brunhild Determann, 1. Vorsitzende des Tierschutzvereins Ibbenbüren. „Denn noch immer werden von uns aufgegriffene Tiere nicht als Fundtiere akzeptiert, sondern als herrenlos betitelt und so nicht auf Kosten der Gemeinden versorgt. Es ist, als wenn sie aus Kostengründen die Augen vor dem Problem verschließen wollen.“ Das zeigen auch die Zahlen deutlich: Während in den Fundbüros der Gemeinden die Zahlen an Fundkatzen relativ gering sind, verzeichnen Tierschutzvereine ständig steigende Fundzahlen. Der Tierschutzverein Ibbenbüren hat zum Beispiel allein im letzten Jahr über 200 Katzen eingefangen und versorgt. Der Tierschutzverein Rheine/ Tierheim Rheine hat 2014 330 Fundkatzen aufgenommen, in diesem Jahr bereits 298 und die Katzenhilfe Lengerich versorgte und kastrierte allein im Jahr 2015 95 Tiere, in diesem Jahr bis September 59.Das Tierheim Rheine verzeichnete letztes Jahr 333 Fundtiere, in diesem Jahr ebenfalls bisher fast 300 Tiere. Die Zahlen sind steigend.

 

Auch die Jäger sehen das Urteil positiv. Steinfurts Hegeringleiter Dietmar Mikolaiski und seinen Jägern sind streunende Katzen natürlich ein Dorn im Auge: „Katzen sind Raubtiere. Jede verwilderte Hauskatze richtet in der Natur verheerende Schäden an“, betont der Waidmann. Derzeit arbeite man in Kooperation mit der Kreisjägerschaft an einem flächendeckenden Fallensystem. „Jede Lebendfalle muss nach dem neuen Landesjagdgesetz mit einem SMS-Melder ausgerüstet sein. Die Umrüstung müssen die Jäger selber zahlen, das ist nicht billig. Außerdem ist ein neuer Fallenjagschein erforderlich, den es wiederum nicht umsonst gibt. Lediglich die älteren Jagdaufseher dürfen schon jetzt die Katzen lebend fangen.“ Die ihm bekannten und befugten Kollegen bringen die gefangenen Katzen direkt zum Tierheim, weiß Mikolaiski. Allerdings gibt es auch die Aussage einer Tierheimmitarbeiterin, dass dort aufgepäppelte und medizinisch versorgte und bei Bedarf kastrierte Katzen, die nicht zähm- und vermittelbar seien, wieder in die Natur ausgesetzt würden. „Das ist in der Form nicht erlaubt und hat auch mit Tierschutz nichts zu tun“, so Mikoaliski.

Der Runde Tisch der Tierschutzvereine im Kreis Steinfurt kämpft seit nunmehr bald zwei Jahren um die Kennzeichnungs- und Kastrationspflicht, denn nur so besteht eine Chance, der immer schlimmer werdenden Katzenflut Herr zu werden.


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