Angebot hat Verelendung von Junkies gestoppt

Einen Spritzenautomaten gibt es auch am Verwaltungsgebäude des Caritasverbandes in Emsdetten. Anke Küper (v.l.), Anne Koopmann und Andre Plagge kümmern sich mit drei weiteren Kollegen aus der Drogen- und Suchtberatung unter anderem um heroinabhängige Menschen. Foto: Caritas

Greven

Emsdetten/Greven/Saerbeck. Für Anne Koopmann und ihre Kollegen von der Drogen- und Suchtberatung des Caritasverbandes Emsdetten-Greven steht fest: „Den typischen Drogenabhängigen gibt es nicht.“ Auch klassische Wege zum Konsum – wie sie in vergangenen Jahrzehnten auszumachen waren – sind passé.

 

„Fakt ist, dass Drogen heute einfacher verfügbar sind“, sagt Andre Plagge, Teamleiter der Drogen- und Suchtberatung. Derzeit betreuen die Fachleute der Beratungsstelle etwas mehr als 60 heroinabhängige Menschen, das sind mehr als zehn Prozent aller Klienten. Die meisten von ihnen werden substituiert. Das heißt, sie erhalten – unter ärztlicher Aufsicht – Medikamente, um der Suchtspirale zu entkommen.

„Ein Ziel hat die flächendeckende Substitution im Kreis Steinfurt auf jeden Fall erreicht“, sagt Anke Küper, Diplom-Sozialpädagogin: Die Verelendung von Junkies sei gestoppt worden. Die Idee hinter der Substitution: Heroinabhängige Menschen erhalten Ersatzmedikamente, die eine ähnliche Wirkung wie Heroin haben. „Ein Ziel ist es, eine Entkriminalisierung zu erreichen, den Ausbruch aus der Beschaffung“, erklärt Anke Küper. Außerdem sollen so gesundheitliche Probleme verhindert und der Einstieg in die Lösung psychischer und sozialer Problemlagen ermöglicht werden. So ist es durch die Substitution zum Beispiel wieder möglich, eine Arbeit aufzunehmen und sich so selbstständig zu finanzieren. Wer in die Substitution aufgenommen wird, unterliegt strengen Auflagen. So muss er sich regelmäßig ärztlich untersuchen lassen, regelmäßige Beratung wahrnehmen und er darf keine Drogen konsumieren.

„Wenn die Entschleunigung erreicht ist und ein Klient weder entzügig ist noch Rauscherlebnisse hat, dann tauchen erst einmal die Probleme auf“, sagt Andre Plagge. So würden zum Beispiel psychische Erkrankungen, berufliche Defizite, familiä­re Schwierigkeiten, Überschuldung und dergleichen sichtbar. „Genau hier kommen wir als Sozialarbeiter ins Spiel“, so der Teamleiter der Beratungsstelle. Insgesamt 450 Klienten haben allein im vergangenen Jahr dort Hilfe und Beratung gesucht. Bei rund 45 Prozent aller Klienten spielt Alkoholsucht eine Rolle, rund ein Viertel geht missbräuchlich mit Cannabis um. In acht Prozent aller Fälle liegt pathologisches Spielen vor. Auch der missbräuchliche Umgang mit Amphetaminen und anderen chemischen Drogen spielt eine Rolle in der Beratungsstelle.

Während Cannabis-Sucht eher jüngere Menschen zwischen 20 und 30 Jahren betrifft, zieht sich Heroinabhängigkeit durch alle Generationen. Natürlich gebe es auch Klienten, die von sich aus nach Wegen aus Heroin­abhängigkeit suchen. „Die Mund-zu-Mund-Propaganda funktioniert da sehr gut“, sagt Anne Koopmann. Eine offene Drogenszene wie in größeren Städten gibt es in Emsdetten und Greven kaum.

Um die Hemmschwelle zum Besuch der Beratung niedrig zu halten, organisiert das insgesamt sechsköpfige Mitarbeiterteam offene Sprechstunden in Emsdetten, Greven, Reckenfeld und Saerbeck. Außerdem bietet es jede Woche das „Offene Wohnzimmer“ in Emsdetten und Greven an. Bei einem kostenlosen Frühstück finden Betroffene die Möglichkeit, mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen und die Unterstützungsangebote des Caritasverbandes für suchtkranke Menschen unverbindlich kennenzulernen.

Die Hilfsmöglichkeiten der Beratungsstelle sind neben dem Einstieg in Entgiftung und Therapie vielfältig. „Wir können Kontakte herstellen zu Ärzten, zur Schuldnerberatung oder anderen Netzwerkpartnern“, nennt Anke Küper ein Beispiel. Wichtiger aber sei gerade beim Erstkontakt noch etwas anderes, betont Andre Plagge: „Wir sind als Gesprächspartner da, der erst einmal unvoreingenommen zuhört.“

Das „Offene Wohnzimmer“ öffnet in Emsdetten immer mittwochs von 10 bis 12 Uhr im Café Jedermann an der Blumenstraße, in Greven alle 14 Tage samstags von 10 bis 12 Uhr im Katharina-von-Bora-Haus an der Kardinal-von-Galen-Straße. Die Drogen- und Suchtberatung des Caritasverbandes ist erreichbar unter Telefon 02572/ 157-28.