„Vergessene Kinder“ aus Suchtfamilien

Ihnen liegen Kinder aus Suchtfamilien am Herzen: Ingo Brokhues (Caritas-Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Familien, links) und André Plagge (Drogen- und Suchtberatung). Foto: Caritas

Emsdetten

Emsdetten/Greven/Saerbeck. „Statistisch haben wir es in jeder Schulklasse im Durchschnitt mit ein bis zwei betroffenen Kindern oder Jugendlichen zu tun“, mit dieser bedrückenden Zahl umreißt Ingo Brokhues vom Caritasverband die Dimension eines Problems, das in der öffentlichen Diskussion nur selten vorkommt: Kinder aus Suchtfamilien.

 

 

Sie heißen bei ihrer Interessenvertretung, dem Verein Nacoa in Berlin, auch „die vergessenen Kinder“. Der Caritasverband will an diese indirekten Opfer von Sucht erinnern und an die Beratungs- und Unterstützungsangebote für betroffene Familien.

Die sind beim Caritasverband Aufgabe der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern, wo Ingo Brokhues tätig ist, und der Drogen- und Suchtberatung. „Das Thema liegt uns am Herzen“, sagt deren Teamleiter André Plagge.
Auf bundesweit 2,6 Millionen schätzen Studien die Zahl der Kinder und Jugendlichen bis 18 Jahre, deren Eltern Probleme mit Alkohol haben, berichtet Andre Plagge. Drogen-, Glücksspiel und zunehmend Mediensucht seien in dieser Zahl noch nicht berücksichtigt. Dabei sei zum Beispiel Alkoholabhängigkeit der Eltern für Experten einer der schädigendsten Faktoren für das gesunde Aufwachsen von Kindern.

Die Folgen kennt Ingo Brokhues: Den Kindern fehlt das Erlebnis von Verlässlichkeit, häufig müssen sie die überfordernde Elternrolle übernehmen, sie sind hoher emotionaler Belastung ausgesetzt mit Angst um die Eltern und Trauer und Scham wegen ihrer Situation. Hinzu kämen oft die Folgen grenzverletzenden Elternverhaltens, von verbaler oder körperlicher Gewalt zu Hause. Eine Langzeitfolge: Kinder aus Suchtfamilien haben ein viel höheres Risiko, später selbst süchtig zu werden.

Brokhues und Plagge wissen aus Erfahrung, dass die Vernetzung ihrer Beratungsangebote ein großer Vorteil sein kann. In der Drogen- und Suchtberatung gehe es für Erwachsene häufig zunächst um existenzielle Probleme, dann könne eine zusätzliche Familienberatung die Kinder auffangen. Umgekehrt sei bei Erziehungsproblemen mitunter Sucht im Spiel, so dass Hand in Hand der ganzen Familie am besten geholfen werden könne – natürlich nur, wenn Betroffene dies auch wünschen. Dabei verweisen beide auf ihre jeweilige Schweigepflicht und die Vertraulichkeit der Gespräche.

Der Caritasverband ist erreichbar unter der Telefonnummer 02572 / 15728 (auch für Greven und Saerbeck) oder über die Onlineberatung der Caritas. Die Erziehungsberatung, die auch Ansprechpartner für Erzieherinnen und Lehrer ist, bietet auch Sprechstunden in Kitas, Familienzentren und Grundschulen an.


Anzeige