Caritasverband kritisiert fehlende Impfpflicht

Ansgar Kaul (bild links), Leiter des Fachbereichs Hilfen für ältere und kranke Menschen beim Caritasverband, hier beim „Zukunftstag ambulante Pflege 2019: „Von Respekt gegenüber der Pflege nichts zu spüren“. Caritasvorstand Bernward Stelljes (rechts Bild): Die ausgebliebene Impfpflicht für alle ist für die Pflege „sehr problematisch“. Fotos: Caritasverband Emsdetten-Greven

Emsdetten

Emsdetten/Greven/Saerbeck. Die nicht zustande gekommene Impfpflicht hinterlässt jetzt schon Spuren. „Deutschland macht sich frei“, stellt Ansgar Kaul, Leiter des Fachbereichs Hilfen für ältere und kranke Menschen beim Caritasverband Emsdetten-Greven, fest – „aber auf Kosten der Menschen, die in der Pflege und in der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung arbeiten“.

 

Die Mitarbeitenden trügen die Last der noch immer nicht ausgestandenen Coronapandemie doppelt, beklagt Kaul angesichts der erhofften, aber ausgebliebenen Mehrheit im Bundestag für eine allgemeine Impfpflicht. Neben den ansteckenderen Virusvarianten sei es die niedrige Impfquote, die für hohe Zahlen von Infektionen und Erkrankten sorge und gleichzeitig auch in der Pflege zu Personalausfällen durch Krankheit oder Isolierung und damit zu noch mehr Arbeit für die Verbliebenen führe. Dieser Dienst nah am Menschen stecke in einer Zange fest. Zusätzlich widersprüchlich findet er, dass an vielen Stellen die Maskenpflicht wegfalle, während Pflegende weiter sich und ihre Klientel auf diese Art schützen sollen. „Acht Stunden am Stück unter FFP2 für die Pflege, Wegfall der meisten Schutzmaßnahmen für alle anderen“, bringt Kaul das so empfundene Missverhältnis auf den Punkt.

 

Eine allgemeine Impfpflicht würde Krankenhäuser, Pflege und Eingliederungshilfen entlasten, so der Pflegeexperte. Für Mitarbeitende im Gesundheitswesen gelte sie ja bereits und sei sehr sinnvoll. Es sei allerdings „ein Schlag ins Gesicht der Pflege-Mitarbeitenden“, dass diese Pflicht nicht allgemein erweitert wurde.

Und Ansgar Kaul hält den Skeptikern einer allgemeinen Impfpflicht im Bundestag Grundsätzliches vor. „Die Politik redet gerne von Wertschätzung“, sagt er, „aber mit diesem Nicht-Beschluss ist von Respekt gegenüber der Pflege nichts zu spüren“. Man arbeite seit zwei Jahren am Anschlag. Da gehe es auch um das Geld, vor allem aber um die Arbeitsbedingungen.

Attraktiver würde die Pflege so nicht. Für „sehr problematisch“ hält Caritasverbandsvorstand Bernward Stelljes die ausgebliebene allgemeine Impfpflicht. „Wir haben nahezu hundert Prozent geimpftes Personal, dass jetzt möglicherweise Ungeimpfte pflegen und sich einem erhöhten Ansteckungsrisiko aussetzen muss“, führt er an. Wie Ansgar Kaul kritisiert Stelljes, dass die Politik „keinen einheitlichen Rahmen setzt, in dem Freiheit gelebt werden kann, und sie damit einer falschen Interpretation dieses Begriffs Vorschub leistet – die Impfgegner feiern jetzt“. In der Pflege gebe es mittlerweile Stimmen, „die richtig wütend auf die Politik sind“, so Kaul. Seine Frage: „Wer schützt uns vor dem Herbst?“


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