Saerbecker gesucht, die die Wärmewende begeleiten

Judith Helmers Weg nach dem Abitur am Emsdettener Martinum führte sie bis nach Australien, wo sie an der Uni Adelaide an ihrer Doktorarbeit zum Thema Digitale Technologie und ihre Auswirkung auf Märkte forscht. Foto: privat

Emsdetten

Saerbeck. Diese Geschichte führt nach Münster, nach Adelaide in Australien und schließlich nach Saerbeck. Da hat sie begonnen, genauer gesagt am Esstisch der Familie Helmer. Wenn Claudia Helmer beim Abendbrot von ihrem Arbeitstag erzählte, dann merkte ihre Tochter Judith auf.

Klimakommune, Umbau des Bundeswehrdepots, Aufbau des Bioenergieparks: Spannende Dinge, die ihre Mutter, die im Bau- und Planungsamt der Gemeinde Saerbeck an der Entwicklung des Bioenergieparks beteiligt war, mit nach Hause brachte.

So spannend, dass Helmer, die gerade ihre Promotion im Fachbereich Wirtschaft vorbereitet, das Thema nie losgelassen hat. Jetzt, über zehn Jahre später, verknüpft die junge Wissenschaftlerin ihre Begeisterung für die lokalen Klimaschutzprojekte in Saerbeck mit ihrem Metier. Judith Helmer ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Münster School of Business (Fachbereich Wirtschaft der Fachhochschule Münster) und Teil des Teams des Forschungszentrums Science-toBusiness Marketing Research Centre, das das Citizen Science NOW-Projekt in Saerbeck durchführen wird. Im Rahmen dieses Projektes sollen Bürgerinnen und Bürger aus Saerbeck zusammen mit Forschenden der Fachhochschule Münster die Wärmewende in Saerbeck begleiten. Für Judith Helmer ist das eine „Herzenssache“ und zwar in doppelter Hinsicht. Da ist zum einen ihre Verbindung zum Dorf. Ihr Weg nach dem Abitur am Emsdettener Martinum führte sie bis nach Australien, wo sie an der Universität Adelaide gerade an ihrer Doktorarbeit zum Thema Digitale Technologie und ihre Auswirkung auf Märkte forscht. Aber Saerbeck ist immer noch ihre Heimat. Wenn sie nicht gerade im Ausland studiert oder forscht – in Krakau hat sie einen ihrer zwei Masterabschlüsse gemacht, in Melbourne ein Auslandssemester eingelegt – wohnt und arbeitet sie in Münster. Von dort ist es ein Katzensprung nach Saerbeck, wo ihre Familie zu Hause ist, wo sie die Natur und Ruhe mag und für einen Gang ins Dorf ein bisschen Extra-Zeit einkalkuliert, denn „ich treffe immer Freunde und Bekannte.“

Das Saerbecker Klimaschutzprojekt begeistert sie mehr denn je: „Cool und faszinierend.“, fügt sie hinzu. Und dann ist da die Herzenssache Wissenschaft. Wissenschaft, die sich nicht im sprichwörtlichen Elfenbeinturm einmauert, sondern in die Gesellschaft und in die Wirtschaft hineinwirken will. Das Forschungszentrum Science-to-Business Marketing Research Centre, an dem Judith Helmer arbeitet, verfolgt genau diesen Ansatz: Forschung rund um den Austausch und die

Wechselwirkung zwischen Wissenschaft

und Wirtschaft sowie der Gesellschaft. Hier kommt dann wieder Saerbeck ins Spiel. Denn das Dorf wird ein Teil des Citizen Science NOW-Projektes, das das Forschungszentrum mit Projektpartnern aus der Wirtschaft und der Wissenschaft umsetzt und das von der Europäischen Kommission gefördert wird. Dabei geht es im Kern um diese Frage: Welche Rolle können Bürger bei der Umsetzung der Wärmewende in Saerbeck übernehmen? „Ziel ist es, vier bis fünf Menschen dazu zu befähigen, wissenschaftlich zu arbeiten und interessante, zukunftsweisende Themen, die Saerbeck bewegen, zu erforschen. Zudem möchten wir sie gerne als Saerbecks Wärmewende-Experten ausbilden und zu ‚Changemaker‘ der Saerbecker Wärmewende befähigen. Die Ergebnisse des gemeinsamen Forschungsprojektes sollen im Anschluss allen Saerbeckern zugänglich gemacht werden“, heißt es in einer Projektbeschreibung. Geleitet wird Citizen Science NOW von Hacer Tercanli, die wie Helmer Doktorandin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Forschungszentrum der FH Münster ist. Judith Helmer freut sich, dass Saerbeck Teil von Citizen Science NOW ist. Das Projekt Klimakommune hat Saerbeck einen großen Schritt vorangebracht. Jetzt geht es weiter mit Wärmewende und ihrer bürgerwissenschaftlichen Begleitung: „Ich bin gespannt auf die nächsten Dinge, die in Saerbeck passieren werden.“

Auf dem Weg zu Wärmewende-Experten. Gesucht: Interessierte Bürgerinnen und Bürger Citizen Science, also Bürgerinnen- und Bürgerwissenschaft, bezeichnet ein Konzept „bei dem wissenschaftliche Erkenntnisse von Personen, die nicht hauptberuflich in der fachzugehörigen Wissenschaft tätig sind, […] gewonnen werden.“ (Quelle: www.buergerschaffenwissen.de). Konkret sollen in Saerbeck Personen aus der Saerbecker Bürgerschaft und Studierende der Fachhochschule Münster zusammen in Workshops arbeiten und sich dabei mit diesen Fragestellungen beschäftigen: Welche Rolle können Bürgerinnen und Bürger bei der Wärmewende übernehmen? Wie lassen sich Informationen zur Wärmewende gewinnen und für alle zugänglich machen? Wie kann man aktiv werden? Fragestellung und Format erinnern an die Bürgerdialoge zur Wärmewende im vergangenen Jahr. Neu ist, dass dieses Beteiligungskonzept eine wissenschaftliche Basis hat und über eine Ideensammlung hinausgeht. Vielmehr werden mithilfe von wissenschaftlichen Methoden Erkenntnisse gewonnen, die neue Lösungsansätze hervorbringen. Im Mittelpunkt steht dabei das Prinzip „von Bürgern, für Bürger“. An zwei bis drei Terminen werden die Studierenden interaktive Workshops zu dem Thema Wärmewende organisieren. Dabei geht es darum, in sogenannten „Co-Creation Sessions” gemeinsam Lösungen zu erarbeiten und interaktiv Wissen auszutauschen. Hierfür werden engagierte Bürgerinnen und Bürger gesucht, die Interesse an dem Thema haben und diesen Fragestellungen nachgehen möchten und damit einen Beitrag zu Saerbecks Klimakommune 2.0 leisten möchten. Eine Teilnahme an der Projektgruppe soll die teilnehmenden Bürgerinnen und Bürger dabei nicht nur befähigen, wissenschaftliche Prinzipien anzuwenden, sondern sie auch auf dem Weg zum Saerbecker Wärmewende-Experten begleiten.
Das Citizen Science NOW-Projekt wird voraussichtlich im Mai bei einer Auftaktveranstaltung in Saerbeck vorgestellt. Wer sich für die Teilnahme am Projekt interessiert, kann sich bereits jetzt bei Judith Stander-Dulisch unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! anmelden.


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