Saerbecker Kunstaktion

Enthüllen die Plakette im Straßenbelag, die Saerbecks kartografische Mitte anzeigt (von links): das Künsterduo Alexander Edisherov und Katerina Kuznetcowa mit Bürgermeister Dr. Tobias Lehberg. Foto: Gemeinde Saerbeck

Emsdetten

Saerbeck. Wer hätte das gedacht? Der geografische Mittelpunkt von Saerbeck liegt an der Emil-Frank-Straße. Am Übergang von Dorfkern zu Bauerschaft markiert seit Kurzem eine Messingplakette das Zentrum der kartografierten 59 Quadratkilometer Gemeindegebiet.

Die Platte, gut einbetoniert im Pflaster, ist Teil des Kunstprojekts „Atlas der Mitten“ des Düsseldorfer Künstlerduo Katerina Kuznetcowa und Alexander Edisherov anlässlich des Jubiläums „50 Jahre Kreis Steinfurt“. Ihren „Atlas“ verstehen sie über Betonfundamente und Metallplatten als Einladung zu einem Dialog über Geografie und Geschichte, über Heimat und Identität – und zum Teilhaben und Mitmachen für alle, wenn es auf die Frage nach persönlichen Lebensmitten kommt. Wie das zusammenhängt? Dafür brachte Bürgermeister Dr. Tobias Lehberg einen Vorschlag, als er jetzt die Plakette mit dem Künstlerduo, Anwohnern der Straße, Ratsmitgliedern und Gästen enthüllte. Während die Mitte dabei helfe, sich der Größe einer Fläche bewusst zu werden, sei sie auch als politischer Begriff immer wichtiger geworden, als Gegensatz zu politischen Rändern. „Wenn der demokratische Rahmen verlassen wird, ist das heikel“, befand Lehberg.

„Wie definiert man ,Mitte‘, was gehört dazu“, fragte er, „was sind die Grundfesten unserer Gesellschaft?“ Diese Frage ließ er bei der lokalen Enthüllung der Platte offen und lud stattdessen ein: „Dieses Kunstprojekt regt dazu an, sich Gedanken zum Begriff ,Mitte‘ zu machen: die innere Mitte, die sich verschiebende Mitte, die Bestimmung der Mitte.“ Dass der Begriff auf politischer Ebene schwerer zu fassen ist als geografisch, gelte für ganz Deutschland ebenso wie in einer kleinen Dorfgemeinschaft.

Und wie wurde Saerbecks Flächen-Mitte ermittelt? Mithilfe der Geoinformations-Technologie des Kreises Steinfurt, erläuterte Alexander Edisherov, und des Instituts für Geoinformatik der Uni Münster – übrigens auch für fünf weitere Kommune im Kreis und den Kreis selbst.

Wo die Mitte auf der Karte feststeht, sei es etwas anderes, etwas Verschiebliches, was die Menschen gesellschaftlich oder persönlich als Mitte wahrnähmen, stellte der Künstler fest. Bei einer begleitenden Kunstaktion im Rahmen des Fests der Generationen am Badesee habe sich diese Spannbreite in Gesprächen gezeigt: vom Mann, der seine Mitte in sich selbst sah, immer bei ihm, bis zu der Frau, die ihre persönliche Mitte auch nach Jahrzehnten des anderswo Lebens immer noch in ihrer Heimat Dresden fühlt.

Direkt an der frisch enthüllten Plakette erzählte die Anwohnerin Maria Rehm, dass vor sechs Jahren auch wegen der schönen Nordic-Walking-Strecken und ihrem Hund aus Greven nach Saerbeck gezogen sei und hier „ihre Mitte gefunden“ habe.

Für Geschichten wie diese ist die Website des „Atlas der Mitten“ online. Dort sind alle Saerbecker und alle Einwohner des Kreises Steinfurt eingeladen, Fotos, Videos, Zeitungsausschnitte, Tonaufnahmen, Karten oder persönliche Berichte über ihre „Mitten“ im Kreis Steinfurt für eine digitale Karte einzusenden (auch per Post an Katerina Kuznetcowa und Alexander Edisherov, Mozartstraße 20, 40479 Düsseldorf.

Saerbeck beherbergt zwei Mittelpunkt-Plaketten: die eigene und die für den gesamten Kreis Steinfurt. Letztere liegt der Erreichbarkeit wegen ganz im Westen der Bauerschaft Sinningen am Grenzdamm, während sich der eigentliche Mittelpunkt des Kreises nah, aber recht unzugänglich in der Bauerschaft Veltrup befindet. Bis einschließlich Donnerstag (30. Oktober) können Interessierte sich in einer Ausstellung im Kreishaus (Tecklenburger Straße 10, Steinfurt) einen Eindruck vom Kunstprojekt „Atlas der Mitten“ verschaffen.


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