Das Geschäft mit dem Lebensende

Der Palliativarzt Dr. Matthias Thöns spricht in der Volkshochschule über das Übertherapieren von Patienten an deren Lebensende. Foto: Veranstalter

Ibbenbüren

Ibbenbüren. Ertrag und Gewinn bestimmen heute leider die Wirklichkeit vieler Kliniken. Opfer sind im Besonderen Sterbende, haben sie doch die schlimmsten Diagnosen und ist von ihnen kaum Widerspruch zu erwarten. Dies kritisieren die Familienbildungsstätte und der Hospizverein jetzt in einer Pressemitteilung und laden zugleich zu einem Vortrag zu diesem Thema am 20. Februar (Mittwoch) ein.

Selbst Ärztekammern und Verbände kritisieren, dass „die Verwandlung der Krankenhäuser in betriebswirtschaftliche Unternehmen eine Fehlentwicklung historischen Ausmaßes sei“. So erhalten etwa Krebsbetroffene noch in den letzten Lebenswochen oft nutzlose Behandlungen. Chemotherapie verspricht hier die höchsten Gewinne. Teils mit „Lazaruseffekt“ beworben, schadet sie in den letzten Lebensmonaten mehr als sie nutzt. 

Die Hälfte der höchstpreisigen Medizin habe keinen belegten Nutzen und weniger als drei Prozent verbesserten Lebenszeit und Lebensqualität. Intensivmedizin, im häuslichen Bereich in den letzten Jahren um den Faktor 50 gesteigert, „erzeugt chronisch kritisch Kranke“, weniger als fünf Prozent der länger Beatmeten finden zurück in ihr altes Leben. Doch es regt sich Widerstand, Krankenschwestern gehen auf die Straße, die Presse berichtet, ganze Intensivkongresse widmen sich dem Thema und erstmals wurde jetzt ein Arzt in Deutschland zu einem hohen Schmerzensgeld wegen Übertherapie bei einem Sterbenden verurteilt.

Dr. Matthias Thöns ist Palliativ­arzt an der Basis, betreut mit einem Team Sterbende zu Hause. Sein Buch „Patient ohne Verfügung“ prangert die beobachteten Probleme an. Trotz Kollegenkritik war sein Spiegel-Bestseller 2017 Leserliebling und auf Platz 1 der Top 10 Social Media. Er ist überzeugt, Übertherapie ist das Hauptproblem des Gesundheitswesens, nur Öffentlichkeit hilft.

Die Familienbildungsstätte lädt in Kooperation mit dem Hospizverein Ibbenbüren zu diesem Vortrag ein. Er richtet sich an Interessierte, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Besonders angesprochen sind alle, die im pflegerischen Dienst tätig sind und Menschen in ihrer letzten Lebensphase begleiten.

Der Vortrag findet statt am 20. Februar (Mittwoch) um 19 Uhr im blick.punkt Ibbenbüren, Kanalstraße 11. Für Anfragen und Anmeldungen steht die Familienbildungsstätte Ibbenbüren unter der Rufnummer 05451 / 96440 oder unter der Internetadresse www.fabi-ibbenbueren.de zur Verfügung.


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