Rheiner Schützenfahne in England entdeckt

Jörg Rose (l.) ist extra aus England angereist, um dem Falkenhof-Museum eine über hundertjährige Schützenfahne als Schenkung zu überreichen. Über die Rückkehr der Fahne nach Rheine freuen sich (v.l.) Manfred Möller, Vorsitzender der Schützengemeinschaft, Bürgermeister Dr. Peter Lüttmann, Museumsleiterin Dr. Mechthild Beilmann Schöner und Referentin Ursula Lütkemeyer. Foto: Stadtpressestelle

Rheine

Rheine / Bath. Die Stadt Bath in Südengland ist ein beliebtes Ziel für Touristen, die die römischen Bäder und die Straßenzüge mit klassizistischer Architektur besichtigen. Viele Läden rund um den Markt und die Fußgängerzone laden zum Bummeln ein. Kulturgeschichtliche Zeugnisse aus Rheine findet man dort allerdings normalerweise nicht.

Auch eine junge Engländerin war vor etlichen Jahren eigentlich auf der Suche nach Antiquitäten aus der Region, als ihr auf einem Trödelmarkt in Bath plötzlich eine ungewöhnliche Fahne ins Auge fiel. Sie erwarb die große blaue Fahne mit einer Inschrift und schönen Jugendstilornamenten und überließ sie einige Zeit später ihrer Mutter als Blickfang für deren neuen Laden.

Käufer für dieses besondere Stück ließen zwar auf sich warten, doch Susan Coke, die in einer alten Scheune in Dorset Quilts und Patchwork-Arbeiten präsentiert, reizte es, mehr über die kunstvoll bestickte Fahne herauszufinden.

Deutsche Bekannte, das Ehepaar Rose aus Berlin, konnten ihr schließlich weiterhelfen. Sie stellten sofort fest, dass es sich um eine Schützenfahne handelt, trägt doch die eine Seite die Aufschrift: „Schützenverein Tell Rheine 1911“, während auf der anderen Seite zu lesen ist: „Üb Aug und Hand fürs Vaterland“. Die lange Tradition der Schützenfeste und Schützenvereine in Deutschland war schnell erläutert, doch eine Frage blieb noch offen: Wo liegt eigentlich dieses Rheine und existiert der Tell-Verein noch heute?

Im Internet machte Jörg Rose die Schützengemeinschaft Rheine e.V. und ihren Vorsitzenden Manfred Möller ausfindig, der sofort Interesse zeigte. Nach einigen Gesprächen, Recherchen und Diskussionen mit anderen Schützen sowie mit Dr. Mechthild Beilmann-Schöner und Ursula Lütkemeyer vom Falkenhof-Museum war klar: Der Verein existiert nicht mehr; er war ein Vorläufer der „Schützengesellschaft Müns­tertor-Waldhügel“. Aber es gibt eine stadtgeschichtliche Sammlung des Museums, in der schon zahlreiche interessante Objekte zum Schützenwesen in Rheine verwahrt werden.

Für die Schützenfahnen, die aufgrund ihrer Größe in vielen Museen gar nicht gezeigt werden können, gibt es hier einen eigenen Schrank. Besucher können nach Belieben die Schubladen öffnen und die reich verzierten, aber lichtempfindlichen Textilien genau studieren – natürlich hinter Glas. Fahnen waren ursprünglich Erkennungszeichen im Kriegsgetümmel, bevor sie sich Jahrhunderte später zu Vereinssymbolen entwickelten, die viel über ihre jeweilige Entstehungszeit verraten.

Ob englische Soldaten die Schützenfahne möglicherweise nach Ende des Zweiten Weltkriegs mitgenommen haben, bleibt eine reine Vermutung. Dies würde bedeuten, dass die Fahne aus Rheine über 60 Jahre an einem unbekannten Ort in England gelegen hat, bevor sie über den Trödelmarkt, die Galerie und den engagierten Berliner Jörg Rose, der diese Woche zur Übergabe extra mit der Fähre von Südengland über Frankreich, Belgien und die Niederlande anreiste, wieder zurückgekehrt ist.

Bürgermeister Dr. Peter Lüttmann freute sich mit Museumsleiterin Dr. Mechthild Beilmann-Schöner, Referentin Ursula Lütkemeyer und dem Vorsitzenden der Schützengemeinschaft Rheine, Manfred Möller, über den Neuzugang für das Falkenhof Museum. Sie dankten vor allem der großzügigen Finderin und Galeristin Susan Coke, die die Informationen über das Schützenwesen in Deutschland so bemerkenswert fand, dass es ihr ein Bedürfnis war, die Fahne als Schenkung an ihren Ursprungsort zurückzugeben. Und sollte es in Rheine noch Unterlagen über die früher existierende Schützengemeinschaft „Tell“ geben, so würde sich das Falkenhof Museum über eine Nachricht freuen unter der Rufnummer 05971 / 920610.


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