Bilder des Rheinensers Tilman Volk beim Jfd Rheine

Beeindruckende Bilder zeigt Tilman Volk. Foto: Jfd

Rheine

Rheine. Idylle und Gewalt: eigentlich zwei Begriffe, die sich ausschließen. Und doch kann man sie miteinander in Verbindung bringen, wie die Bilder von Tilman Volk zeigen, die jetzt in der Bildungsstätte des Jugend- und Familiendienstes e.V. (Jfd) zu sehen sind.

„Für ein Kunstprojekt am Kopi habe ich mich auf die Suche nach der Idylle an Orten der Gewalt begeben“, beschreibt der 18-jährige Rheinenser seine Idee. Gelegenheit dazu hatte er 2017 im Rahmen einer Jugendbildungsfahrt, die vom Jfd in Kooperation mit dem Jugendamt der Stadt Rheine und dem Stadtjugendring Rheine e.V. organisiert wurde. Es ging in die lettische Hauptstadt Riga.

Hier fand Anfang der 1940er Jahre eine Gewalt statt, die in ihrem Umfang und ihrer Abstraktheit unbegreiflich ist. „Mein Ziel war es, die verschiedenen Orte der Gewalt im Heute fotografisch festzuhalten“, definiert er. Dabei sei es ihm sehr wichtig gewesen, nichts künstlich zu inszenieren, sondern alles so abzulichten, wie er es vorgefunden habe, betont er. So kommt es auch, dass die Besucher, die im Flur der Bildungsstätte an den vier Bildern vorbeigehen, sie zunächst überhaupt nicht mit Gewalt assoziieren. Zu sehen sind nämlich in erster Linie idyllische Landschaftsaufnahmen, beispielsweise ein welkendes Blatt, Pilze an einem Holzpfeiler, Waldboden oder ein Schneckenhaus. Überhaupt wirken die Bilder insgesamt sehr warm und harmonisch durch die Herbstfärbung der Landschaft, in der sie aufgenommen wurden.

„Eher ein Postkartenmotiv“, drückt es Tilman Volk aus, der nach seinem Abitur im vergangenen Jahr eine Ausbildung zum Tischler begonnen hat. Schaut man dann allerdings auf die erklärenden Texte, durchbricht das sehr deutlich die Idylle und man muss erst einmal schlucken. Denn das kleine Schneckenhaus liegt zufällig genau an dem Ort, an dem damals im KZ Salaspils die Baracke der kleinen Kinder stand. Hier starben insgesamt rund 3.000 Menschen, viele waren erst im Kindesalter. Im Hintergrund des herbstlich gefärbten orangenen Blattes sieht man die tausenden symbolischen Grabsteine des Mahnmals im Wald von Bikernieki. Hier wurden von 1941 bis 1944 etwa 40.000 Menschen getötet; es ist die größte Massenvernichtungs- und Begräbnisstätte des gesamten nationalsozialistischen Terrors.

Der Holzpfeiler trägt die schwere Last von über 70.000 Opfern, denn er gehört zu einer unvorstellbar langen Tafel, auf der sich die Namen der in Riga während der Zeit des Nationalsozialismus‘ ermordeten Menschen befindet. Und auch der Waldboden von Rumbula birgt eine Tragödie, befindet sich unter ihm doch ein Massengrab mit über 25.000 getöteten Juden aus dem Rigaer Ghetto. Jfd-Geschäftsführerin Birgitt Overesch zeigt sich beeindruckt von den Fotos.

„Das Thema muss präsent bleiben für nachfolgende Generationen“, betont sie beim Pressegespräch mit Tilman Volk sowie der Fachbereichsleiterin Jugendhilfe / Schule, Corina Friedrichs, und Antonia Richter, die die Jugendfahrt nach Riga organisiert und begleitet hatten.


Anzeige