Ehrenamt in Corona-Zeiten und darüber hinaus

Wo sehen die Ehrenamtler Probleme auf sich zukommen? Foto: Stadtpressestelle Rheine

Rheine

Rheine. Bereits seit 15 Jahren vermittelt die Stadt Rheine über die Freiwilligenbörse der Fachstelle Bürgerengagement zwischen Menschen, die sich engagieren möchten, sowie gemeinnützigen Einrichtungen, Organisationen und Vereinen, die Ehrenamtliche suchen.

Der allgemeine Stillstand des sozialen Lebens aufgrund der Beschränkungen zur Corona-Pandemie machte sich seit Anfang des Jahres auch in der Ehrenamtskoordination der Einrichtungen bemerkbar. Wurden der Freiwilligenbörse in den vergangenen Jahren im ersten Halbjahr bis zu 25 Engagementangebote zur Veröffentlichung gemeldet, waren es in diesem Jahr nur acht.

Dies lag vor allem daran, dass außerhalb des spontanen Corona-Engagements in Rheine Ehrenamt nur begrenzt stattfinden konnte, da Aktivitäten in Vereinen (teilweise) ruhten und die meisten Einsatzmöglichkeiten in sozialen Einrichtungen wegen der Corona-Einschränkungen im Kreis ausgesetzt werden mussten. Das hat das traditionelle Ehrenamt besonders getroffen, weil es vielfach von Menschen getragen wird, die zur sogenannten Risikogruppe gehören. Die Arbeit der ehrenamtlichen Helfer fehlte und konnte auch nicht eins zu eins von hauptamtlichen Personal aufgefangen werden.

Stimmungsbild zum Freiwilligenmanagement

Die städtische Fachstelle Bürgerengagement hat die Situation jetzt zum Anlass genommen, um bei den Vereinen, sozialen Einrichtungen und Bildungsträgern nachzufragen: Wurden Angebote mit Corona-Bezug gestartet? Wie lange konnten die Ehrenamtlichen nicht eingesetzt werden? Welche zukünftigen Veränderungen in der Freiwilligenkoordination werden erwartet? Sind Sie jetzt wieder auf der Suche nach ehrenamtlicher Verstärkung? Von 140 Angeschriebenen haben auf diese und weitere Fragen 40 Prozent geantwortet. 

Knapp 25 Prozent der Rückmeldenden haben in den vergangenen Monaten zusätzliche Angebote mit einem unmittelbaren Corona-Bezug, wie etwa das Anfertigen von Alltagsmasken oder Einkaufsdienste, gestartet. Oder sie haben alternative Kommunikationsformate erprobt, um mit den Ehrenamtlichen oder ihren Vereinsmitgliedern im Kontakt zu bleiben.

Beispielsweise wurde im Centro S. Antonio ein Videoprojekt gestartet, in der ambulanten Hospizbegleitung Geschenkpäckchen verschickt, in Sportvereinen Online-Trainingsstunden organisiert oder für die Altenwohnanlage Marienstift ein Konzert aufgezeichnet, welches dann im hauseigenen Fernsehkanal gesendet wurde. Zu Beginn und auch zum jetzigen Zeitpunkt der Pandemie war und ist der Einsatz von Ehrenamtlichen je zu rund 40 Prozent nicht oder nur teilweise möglich. Wobei so gut wie alle Einrichtungen während dieser Zeit Kontakt mit den Freiwilligen gehalten haben.

Herausforderungen für die Zukunft

80 Prozent der teilnehmenden Organisationen – davon nur 25 Prozent mit der Aussage, dass keine Veränderungen erwartet werden – haben Antworten auf die offen formulierte Frage zu möglichen zukünftigen Herausforderungen gegeben. Was bedeutet, dass sich auch die gemeinnützigen Organisationen intensiv darüber Gedanken machen, wie sie ihre Aktivitäten gestalten können.

Im besonderen Fokus stehen dabei die anzupassenden organisatorischen Abläufe: Dazu gehören zum Beispiel mehr Zeit für die Beratung und Begleitung der Ehrenamtlichen, das Aufstellen von Hygiene- und Schutzkonzepten oder die Umgestaltung gewohnter Angebote. Alles eng verknüpft mit dem Einsatz von digitalen Elementen und den finanziellen Möglichkeiten. Verstärkt hat die Pandemie offensichtlich die Suche nach Mitstreitern, vor allem in der Nachfolgesuche von Vorständen in Vereinen. Ein Vorstandsmitglied eines Sportvereins beschreibt es so: „Es wird immer schwieriger, ehrenamtliche Helfer oder Bewerber für ein Vorstands-Mandat zu bekommen. Die Generation ,Silberhaar‘ wird nicht mehr so aktiv werden, weil diese zur gehobenen Risikogruppe während der Corona-Pandemie gehören.“ Dass die ungewohnte Situation aber Chancen aufzeigt, zeigt die Antwort einer Jugendberatungsstelle: „Im Freiwilligenengagement entstehen bei der Gewinnung von Ehrenamtlichen und bei der Entwicklung von Projekten neue Wege und Ideen.“

Verstärkte Suche nach Freiwilligen

Auf die Frage, ob man aktuell auf der Suche nach Freiwilligen sei, antworteten 61 Prozent mit „Ja“. Hier setzt in den nächsten Wochen auch der Service der Fachstelle Bürgerengagement an. 

„Wir werden mit allen Einrichtungen Kontakt aufnehmen, um die Angebote gemeinsam zu beschreiben und eine Veröffentlichung über verschiedene Kommunikationswege vorzunehmen“, sagt Martina Wietkamp von der städtische Freiwilligenbörse zu.

Die Freiwilligenbörse konnte daneben in den letzten Wochen vermehrt Nachfragen von Personen, die ein Ehrenamt übernehmen möchten, verzeichnen.

Spürbar war eine Unsicherheit, wo Einsätze möglich sind. Nach den Ferien werden daher die Vermittlungsaktivitäten forciert.

Fazit

In Zeiten der Corona-Pandemie steht auch das ehrenamtliche Engagement vor Herausforderungen – es ist nicht mehr so, wie wir es seit langem kennen und pflegen. Schutzmaßnahmen und Distanz werden uns noch länger begleiten und das gemeinschaftliche Zusammenkommen – was doch gerade im Ehrenamt eine wichtige Rolle einnimmt – hat seine Grenzen erfahren. Nun gilt es unter anderem, mit anderen, digitalen Möglichkeiten Kontakte zu pflegen, um den Übergang in eine neue Normalität zu gestalten.

Für Siegmar Schridde, Initiator der Umfrage und Leiter der Fachstelle Bürgerengagement im Rathaus, ersetzt die Digitalisierung zwar nicht den persönlichen Kontakt, es spielt für die Praxis der Vereine, Initiativen und gemeinnützige Organisationen aber eine immer wichtigere Rolle, um im Wettbewerb um Mitglieder und Mistreiter bestehen zu können. Er blickt nach vorn: „Leider musste ja der für Mitte März bereits vollständig vorbereitete Fachtag Digitalisierung im Ehrenamt ausfallen. Jetzt planen wir, den Vereinen in Rheine im Herbst einen Vortrag im ,Netz‘ zu dem Thema Digitalisierung mit der Möglichkeit eines Austauschs im Chat anzubieten. Der ausgefallene Fachtag soll nachgeholt werden, sobald die Bedingungen einen analogen Dialog ermöglichen.“

 


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