Moralische Konflikte in der Altenpflege

Um gute Entscheidungen in ethischen Fragen rangen die seelsorglichen Begleiter aus der Diözese Münster im Gertrudenstift in Rheine. Foto: C. Kirchhoff / Caritas Münster

Rheine

Münster / Rheine (cpm). Orientierung in moralischen Konflikten ist in der Corona-Pandemie mehr denn je gefragt. Damit ist die Bedeutung der Ethik gerade auch in den Altenheimen stark gewachsen.

Vor diesem Hintergrund trafen sich die seelsorglichen Begleiter in der Altenhilfe im Rahmen ihres jährlichen Studientages im Gertrudenstift in Bentlage. Sie setzten unter anderem in Falldiskussionen mit den sich in diesen besonderen Zeiten ergebenden ethischen Konflikten auseinander. Begleitet wurden sie dabei von Boris Krause, theologischer Referent im Diözesancaritasverband und Koordinator des Ethikforums im Bistum Münster, sowie vom Diakon und Krankenhausseelsorger in Rheine, Bernhard Rathmer. Insbesondere die Abwägung zwischen dem Schutzbedürfnis der Bewohner und dem eigenen und dem Wunsch der Angehörigen nach Kontakt führte zu moralischen Konflikten. „Als Reflexionsinstrument bietet die Ethik Orientierung“, sagt Rathmer. Die 17 Teilnehmer tauschten sich über die schönen Momente als auch belastenden Erfahrungen während des Besuchsverbots in den Einrichtungen aus. 

Angesprochen wurden dabei auch die ethischen Konflikte. „Bei uns ist keiner allein gelassen worden“, sagte eine Teilnehmerin. „Allerdings haben manche dementen Bewohner ohne den Besuch ihrer Angehörigen stark abgebaut und ihre Hoffnung verloren“, ergänzte sie. Viele äußerten, durch die Erfahrungen während der Corona-Pandemie neue Einsichten für ihre Arbeit in den Einrichtungen gewonnen zu haben. In Falldiskussionen suchten die seelsorglichen Begleiter nach angemessenen, vernünftigen und vor allem menschlichen Entscheidungen in ethischen Konfliktsituationen. Anhand der vier Prinzipien „Autonomie der Bewohner“, „Schadensvermeidung“, „Fürsorgeverpflichtung“ und „Gerechtigkeit“ entwickelten sie ein Bewusstsein für ethische Konflikte, um damit zu möglichen, vertretbaren Lösungen zu kommen.

Rund 60 nebenamtliche seelsorgliche Begleiter sind in den Altenhilfeeinrichtungen im Bistum Münster tätig. In fünf Fortbildungen sind sie in den vergangenen Jahren von der Hauptabteilung Seelsorge qualifiziert worden. Sie sind als Pflegekräfte oder Mitarbeiter im sozialen Dienst in den stationären Altenheimen tätig und vertraglich für fünf Stunden für seelsorgliche Aufgaben freigestellt. Unterstützt und begleitet werden sie von den hauptamtlichen pastoralen Seelsorgern in den Pfarreien. „Beide sind gemeinsam für die Seelsorge in den Altenhilfeeinrichtungen verantwortlich“, betonte Mechtilde Hessling, Referentin für Seniorenseelsorge im Bistum Münster.

In Kürze bietet das Ethikforum im Bistum Münster für Mitarbeiter in der Altenhilfe eine mehrtägige Fortbildung „Ethik im Arbeitsalltag der Altenhilfe“ an. Darin geht es um den Umgang mit typischen Konfliktsituationen in ambulanten, teil- oder vollstationären Pflegeeinrichtungen. Ziel ist es, das Bewusstsein für Handlungsoptionen zu schulen. Ein einfaches Modell der Fallbesprechung soll helfen, schwierige Situationen gemeinsam im Team zu lösen.


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