Bindung aufbauen

Rheine

Rheine (pbm). Woran erkenne ich, dass ein Kind traumatisiert ist? An wen kann ich mich wenden, wenn ich einen Dolmetscher brauche?

 

Mit vielen Fragen im Gepäck sind die 15 Teilnehmer am 22. Oktober zum Info-Abend für Sprachhelfer und engagierte Menschen in der Flüchtlingsarbeit gekommen.

Antworten bekamen die Männer und Frauen, die in Kita oder Grundschule tätig sind oder sich ehrenamtlich privat oder im Bürgertreff engagieren, in der Psychologischen Beratungsstelle der Caritas Rheine.
Der Abend, der unter dem Motto „Achtsamkeit im Umgang mit Flüchtlingskindern“ stand, fügt sich ein in die Reihe von Info-Abenden unter dem Titel „Flüchtlingen richtig helfen“. Organisiert werden die Veranstaltungen von September bis Dezember von den Pfarreien St. Antonius und St. Dionysius Rheine in Zusammenarbeit mit der Caritas, der Stadt und dem Bistum Müns­ter. Die Kosten für die Veranstaltungsreihe übernimmt das Bistum Münster.

Referentin Marion Hafenrichter vom Projekt Flüchtlingsarbeit im Caritasverband für die Diözese Münster erklärte den Teilnehmern, dass es nicht „das“ Flüchtlingskind gebe. Es hänge immer auch von der geographischen und sozialen Herkunft sowie von der Fluchtgeschichte ab. „Vieles, was wir hören, speist sich ja aus fremden Quellen, zum Beispiel von Medien oder Helfern. Dabei ist es schwierig, etwas von den Flüchtlingsfamilien selbst zu erfahren“, sagte Hafenrichter. Mögliche Folgen von Flucht und Vertreibung für Kinder seien demnach Trauer und Traumatisierung, ein „Kulturschock“ sowie ein Leben in Armut.

Wie sich das Gehirn von Kindern entwickelt und wie Stress überhaupt entsteht, das erfuhren die Teilnehmer von Walburga Halbrügge-Schneider und Leonhard Lotze von der Psychologischen Beratungsstelle des Caritasverbandes Rheine. Auf drei Bereiche von Belastungen ging Lotze besonders ein: So müsse man zwischen einer akuten Belastungssituation, einer Anpassungsstörung und einer posttraumatischen Belastungsstörung unterscheiden. „Man kann davon ausgehen, dass viele Flüchtlingskinder in irgendeiner Form belastet sind, aber dennoch warne ich davor, pauschal alle Flüchtlingskinder als traumatisiert anzusehen“, sagte Lotze. Damit sich die haupt- und ehrenamtlichen Helfer noch besser in die Situation von Flüchtlingskindern hineinversetzen können, nahm Walburga Halbrügge-Schneider sie mit auf eine Fantasiereise. „Was braucht das geflüchtete Kind, mit dem sie arbeiten?“, lautete die Frage.

Zeit für einen Austausch über Erfahrungen mit Flüchtlingskindern gab es ebenfalls: „Mir kommt es auf die Beziehung an, damit ich eine verlässliche Bindung zu dem Kind aufbaue“, sagte eine Erzieherin der Kita St. Ludgerus in Rheine. Eine andere Teilnehmerin hatte bereits in verschiedenen Situationen den starken Zusammenhalt in den Flüchtlingsfamilien beobachtet. „Das finde ich beispielhaft“, sagte sie. Die Erzieherinnen Verena Bruning und Stephanie Klumpe sind froh, den Info-Abend besucht zu haben. „Wir haben zwar eine pädagogische Ausbildung, aber den richtigen Umgang mit Flüchtlingskindern haben wir nicht gelernt. Hier haben wir jetzt ein paar grundlegende Informationen bekommen und können uns besser in die Lage der Kinder hineinversetzen“, erklärten die jungen Frauen.

Bereits im September war die Reihe „Flüchtlingen richtig helfen“ mit zwei Terminen zum Thema „Anregungen und Tipps zur Sprachvermittlung“ gestartet – mit 25 Teilnehmern jeweils ausgebucht. Zielgruppe waren Sprachhelfer, die ehrenamtlich in die Schulen kommen und mit einzelnen Flüchtlingskindern Lesen und Schreiben üben. Barbara Bögge, Grundschullehrerin an der Ludgerusschule in Rheine, leitete die Veranstaltungen zusammen mit fünf Kolleginnen und Kollegen ehrenamtlich. „Es gibt sehr viele Menschen, die die Kinder als Sprachhelfer unterstützen wollen, das ist ganz toll. Wir haben ihnen bei den Veranstaltungen vermittelt, wie Kinder überhaupt lernen und wie sie einen Wortschatz aufbauen.“ Sie seien zwar keine ausgebildeten Pädagogen, wollen aber helfen und das müsse unterstützt werden. Gemeinsam hätten die Teilnehmer auch Schulmaterialien ausprobiert, die die Stadt Rheine zur Verfügung stellt.

Entstanden ist die Idee zur Veranstaltungsreihe im April am „Runden Tisch“ der Stadt Rheine zum Thema Flüchtlinge und Integration. „Wir haben uns dann als Kirchengemeinden zusammengesetzt und gesagt, dass wir den Teilnehmern konkrete Tipps an die Hand geben wollen“, erklärte Ludger Schulten, Vorsitzender des Arbeitskreises Willkommenskultur der Pfarrei St. Antonius in Rheine. Danach seien Themenschwerpunkte festgelegt worden, die die Reihe in fünf Blöcke mit jeweils ein bis zwei Abenden gliedern. Das Angebot richte sich nicht nur an Angehörige der Kirchengemeinden im Dekanat Rheine, sondern auch an Ehrenamtliche, die sich privat, in Kitas oder Schulen engagieren, betonte Schulten.

Weitere Termine der Veranstaltungsreihe „Flüchtlingen richtig helfen“:
• Achtsamkeit im Umgang mit Flüchtlingskindern: Donnerstag, 19. November, 17 bis 20 Uhr
• Interkulturelle Impulse: Anregungen, Tipps und Austausch für den Umgang mit kultureller Vielfalt: Montag, 23. November, 19 bis 21 Uhr
• Aufgaben und Grenzen ehrenamtlicher Flüchtlingspaten: Dienstag, 1. Dezember, und Mittwoch, 2. Dezember, jeweils 19 bis 21 Uhr
• Prävention von sexualisierter Gewalt: Termin noch offen

Eine Anmeldung ist erforderlich unter 05971 / 8016020 oder per E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

Veranstaltungsorte sowie weitere Informationen gibt es im Internet unter www.sankt-antonius-rheine.de.


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