Rheine. Fast zwei Jahre sind seit der Gründung des Vereins Historische Altstadt Rheine vergangen – und noch immer wirkt das Traufenhaus an der Münstermauer 27 so, als ob sich bislang wenig bis nichts geändert hätte.
Gerade aber wegen seiner scheinbaren Unscheinbarkeit ist das historische Kleinod, das der Verein auf der Grundlage eines langfristigen Überlassungsvertrages mit der Stadt Rheine betreut, inzwischen wiederholt in Fachkreisen ins „Gerede“ gekommen. „Und es hat sich seither durchaus eine Menge getan“, berichtet der Vorsitzende Dr. Peter Rohlmann.
Der Tag des offenen Denkmals durfte in diesem Jahr leider nur als digitaler Tag stattfinden. Laut Vorstand Steffen Skudelny sind rund 800 Beiträge, darunter virtuelle Rundgänge, 360 Grad-Präsentationen, Fotostrecken, Schnitzeljagden, Chats oder Podcasts eingereicht worden. Das Rheiner Mauerhaus war auf der national beworbenen Website „Deutsche Stiftung Denkmalschutz“ sogar mit zwei verschiedenen Filmbeiträgen vertreten, welche zahlreiche Klicks und Besuche verzeichneten. Wer an den Fenstern der Münstermauer 27 vorbeigeht, findet dort auch einen QR-Code, der die Besucher direkt zu einem Film über das älteste Wohnhaus in Rheine führt.
Nach dem eigentlichen Abschluss der Forschungsarbeiten im Sommer 2020 entschied sich der Vorstand auf Empfehlung der Forscher und der Denkmalbehörden, noch einige als wichtig erkannte Bereiche forscherisch unbedingt zu Ende zu bringen und gewisse Zusatzforschungen in Auftrag zu geben. Dabei betreffen die laufenden Arbeiten in erster Linie den Durchgang zur Ziegentreppe, Strukturen und Merkmale der Seitenwand im Erdgeschoss zum Nachbarhaus Nummer 25 sowie Untersuchungen zur Kaminstelle. Darüber hinaus will die archäologische Abteilung des LWL noch den Füllschutt eines Mauerdurchbruchs untersuchen. Weiterhin sei es das Anliegen des Vereins, nach Restaurierung des Hauses die historischen Befunde und Forschungsergebnisse so zu präsentieren, dass sie optimal und anschaulich in die geplante Folgenutzung integriert werden, berichtet Rohlmann weiter. Dazu läuft noch bis Anfang Dezember eine Machbarkeitsstudie, die ein Facharchitekt derzeit im Auftrag des Vereins ausführt.
Die im Spätsommer 2019 freigelegte „geheimnisvolle Tür” im rund 700 Jahre alten Stadtmauerfundament wurde inzwischen vom Füllschutt befreit. Zum Vorschein kam ein mit roten Ziegelsteinen gemauerter steiler Treppenabgang unter dem rechten Erdgeschossraum. Dieser Abgang war wohl früher durch eine Falltür aus dem als Küche genutzten Raum zu erreichen, musste aber beim Umbau im Jahre 1910 laut Bauauflage der Stadt Rheine verfüllt beziehungsweise zugeschüttet werden, was letztlich mit einer Handskizze und einem Vermerk des städtischen Beamten am 20. April 1915 bestätigt worden ist. Die Herstellung des Durchgangs durch das Stadtmauerfundament liegt jedoch wohl viele Jahre weiter zurück. So liegt etwa ein Schreiben an den Magistrat der Stadt Rheine von Gerdt Heinrich Brüning, datiert vom 13. Februar 1776, vor, in welchem er an die Obrigkeit den Antrag stellte, „hinter seinen Hauße gegen Süden … eine Thür auff seine Kosten zu legen“.
Ob der Durchgang nun aus dieser Zeit stammt, konnte bislang noch nicht eindeutig nachgewiesen werden. Allerdings spricht einiges dafür, weil Gerdt Brüning noch für einige Anwohner mehr geschrieben hat (unter anderem Joan Meyer, Everd Bruning, Berncken Haegemann), um schneller die auf den Stadtgraben errichteten Gärten hinter der Stadtmauer zu erreichen und vor allem im Brandfalle einen schnelleren Rettungsweg aus der Stadt zu schaffen. „Der Zuspruch zur Unterstützung unseres Vereins ist erfreulich“, bilanziert Vorsitzender Dr. Peter Rohlmann. Man würde sich sehr freuen, wenn die mit neun Gründungsmitgliedern im Januar 2019 gestartete Initiative noch im Jahr 2020 das 100. Mitglied begrüßen könnte.
https://www.denkmalschutz.de/ueber-uns/treuhandstiftungen/stiftung-kleines-buergerhaus/scheinbar-unscheinbar.html
https://historische-altstadt-rheine.de/
