„Ich überlegte: Welches Ehrenamt könnte mir Spaß machen?“

Rheine

„Wir denken, sie sehen die große Kuh. Stattdessen gucken sie sich die kleine Ameise an...“ – Inge Kallenberg, ehrenamtliche Vorlesepatin im Kindergarten Kinderland in der Ludwig Erhardt-Straße 6, ist immer wieder überrascht von der kindlichen Sichtweise, die sie im Rahmen ihrer Tätigkeit endlich wieder hautnah erfahren kann.

 

„Ich habe 14 Jahre meinen Mann gepflegt, vorher meine Eltern. Für meine eigenen Enkelkinder hatte ich leider wenig Zeit. Kinder habe ich überhaupt nicht genießen können. Als mein Mann dann starb, habe ich gedacht, ich frage hier mal nach, ob die mich ,haben‘ wollen“, erläutert die „Lese-Oma“, wie sie im Kindergarten schon liebevoll genannt wird, lächelnd ihre Motivation, sich hier zu engagieren. Ihre Enkelin Inga ist auch „Kinderland-Kind“, allerdings nicht mehr lange. Doch auch, wenn die Kleine zur Schule geht, möchte Inge Kallenberg, die auch in der Hausaufgabenbetreuung einer Schule aushilft, weiterhin „Lese-Oma“ bleiben. Alle 14 Tage kommt sie seit einem guten halben Jahr in die Einrichtung und bringt den Kindern, die Lust auf eine Geschichte und Bilder haben, ein neues Buch näher.

„Warum hast du so komische Hände?“ – „Das sind alte Hände!“

Nicht nur den Inhalt der Bücher nehmen die Kleinen auf: „Du bist aber ne ganz alte Oma – du hast ja einen Rock an!“, bekam die sehr rüs­tige Rentnerin zum Beispiel schon zu hören. Sie nimmt so etwas mit Humor – und sieht es auch als etwas Gutes an, dass manche Kinder wenigstens durch den Kontakt mit ihr auch mal mit älteren Menschen zu tun haben. Ihre Enkelin Inga war in dieser Situation allerdings nicht ganz so entspannt und gab prompt die passende Antwort: „Das ist keine alte Oma – das ist MEINE Oma!“, berichtigte sie vehement.
„Welches Ehrenamt könnte mir Spaß machen?“ – das war die Frage, die Elisabeth Reckermann zum Vorlesen im Kindergarten gebracht hat. Als pensionierte Lehrerin weiß sie: Der Zugang zu Büchern ist schon in jungen Jahren wichtig, denn er schafft Anreize zum eigenen Lesen. Auf ihrem Weg zur Arbeit lag das Kinderland, was sie dazu bewogen hat, sich – neben der Tätigkeit in der Hausaufgabenhilfe – auch in dieser Einrichtung zu engagieren. Die passionierte Leserin hat selbst vier Enkelkinder, die „aber leider alle weit entfernt wohnen.“ Trotzdem liest sie ihnen vor – indem sie sich selbst aufnimmt und die Geschichte dann an ihre Enkel schickt. Damit lag es nahe, dieses Talent auch ehrenamtlich einzusetzen. Begeistert ist auch sie vor allem von der Spontanität der Kinder.

Diese Spontanität erheitert ebenfalls „Vorlese-Mama“ Dorothee Stamer ein ums andere Mal. Ihre Tochter Lotta ist – wie Kallenbergs Enkelin Inga – auch „Kinderland-Kind“ und als solches immer dabei, wenn Mama alle vier Wochen in den Kiga kommt und vorliest. „Vor der ersten Lesestunde habe ich ein neues Parfum benutzt – darüber habe ich eigentlich nicht groß nachgedacht. Aber dann bekam ich von einem kleinen Kind gesagt: ,Hmm...du riechst sooo gut!‘ – das war schon lus­tig“, erinnert sie sich lachend. Bis Lotta in die Schule geht, möchte sie sich im Kindergarten als „Lese-Mama“ engagieren. Das hat sie auch schon so gehalten, als ihre große Tochter noch ins Kinderland ging. „Ich finde es toll, dass wir hier keinen pädagogischen Auftrag haben. Das genießen auch die Kinder, denke ich“, betont sie die Unabhängigkeit, die alle drei Vorlesedamen genießen.

Gibt es „Gitarren-Opas“?

„Wir hier im Kinderland sind dankbar für jeden, den wir mit ins Boot bekommen. Diese Art des generationenübergreifenden Arbeitens finde ich wirklich toll!“, fasst Einrichtungsleiterin Hildegard Gunka begeistert zusammen. Wer sich selbst ehrenamtlich engagieren möchte, kann sich gerne bei ihr unter 05971 / 6220 melden. „Es wäre zum Beispiel klasse, wenn sich jemand melden würde, der mit den Kindern musizieren kann – so mit Gitarre und Singen oder so“, lächelt Gunka. Zeit dazu wäre genug, denn das Kinderland ist nur an vier Tagen im Jahr geschlossen.

Flexible Öffnungszeiten

Es gelten im Kinderland übrigens flexible Öffnungszeiten: Eltern buchen 25, 35 oder 45 Stunden pro Woche, legen sich damit auf ein Jahr fest, können aber selbst die Betreuungszeiten bestimmen.

„Allerdings liegen die Kernzeiten zwischen 9 und 12 Uhr, damit wir unserem Bildungsauftrag auch gerecht werden können. Und wer mittags essen möchte, muss zwischen 12.30 und 14 Uhr hier sein“, erläutert Gunka die Rahmenbedingungen.

Jeden Tag seien aber durchaus unterschiedliche Betreuungszeiten machbar.


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