Starke Hauptschulen

Ein Schwerpunkt der acht Hauptschulen im Kreis Steinfurt liegt auch auf der Förderung berufs­praktischer – insbesondere handwerklicher und technischer – Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler. Foto: Kreis Steinfurt

Steinfurt

Kreis Steinfurt. Bald stehen Eltern – und natürlich die Schülerinnen und Schüler der 4. Klassen – auch im Kreis Steinfurt wieder vor der Entscheidung, welche Schulform zukünftig die richtige ist.

 

 

Viele Erziehungsberechtigte haben sich in den letzten Jahren unter anderem deswegen gegen die Hauptschule entschieden, weil sie nicht wissen, dass ihr Kind dort die Möglichkeit hat, alle Abschlüsse der Sekundarstufe I zu machen. So können die Schülerinnen und Schüler neben dem Hauptschulabschluss auch den Realschulabschluss und die Qualifikation für den Besuch der gymnasialen Oberstufe erlangen. Außerdem ist mit einer anschließenden Berufsausbildung gegebenenfalls sogar ein Studium an einer Universität möglich.
 
Große Stärke der Hauptschulen sind die kleinen und überschaubaren Strukturen. Ihr Vorteil: Hier kennen die Lehrkräfte ihre Schülerinnen und Schüler und sich untereinander sehr gut. Vertrauensvolle Zusammenarbeit und individuelle Förderung sind selbstverständlich. Zusätzliche Unterrichtsangebote und angemessene Lernangebote unterstützen die Kinder bei Bedarf. In allen Fächern arbeiten die Lehrkräfte praxisorientiert.
 
Außerunterrichtliche Angebote, wie beispielsweise Schulfahrten und Projekte, fördern die Fähigkeiten und Kenntnisse, die es den Schülerinnen und Schülern ermöglichen, ihren Alltag erfolgreich zu bewältigen. Als Medien­scouts ausgebildete Jugendliche beraten ihre Mitschülerinnen und Mitschüler beispielsweise im Umgang mit dem Handy und dem PC.
 
Ein Schwerpunkt liegt auch auf der Förderung berufspraktischer – insbesondere handwerklicher – Fähigkeiten. Im selbst organisierten Schülercafé lernen die Schülerinnen und Schüler die „Arbeitswelt“ vom Einkauf bis zum Verkauf kennen, in der Fahrrad-Werkstatt schrauben und reparieren sie. Die Lehrkräfte und Schulso­zialfachkräfte unterstützen die Jugendlichen außerdem, um ihnen einen guten Berufseinstieg zu ermöglichen. In Betriebs- und Langzeitpraktika lernen die Schülerinnen und Schüler „ihren“ Beruf kennen und qualifizieren sich häufig dabei für einen Ausbildungsplatz. Durch die jahrelange intensive Zusammenarbeit mit Betrieben erzielen die Hauptschulen eine hohe Vermittlungsquote in Ausbildungsstellen.
 
Die Hauptschulen im Kreis Steinfurt führen in Kooperation mit dem Regionalen BildungsNetzwerk des Kreises (RBN), den Schulträgern, den zuständigen Jugendämtern und dem Jobcenter des Kreises konkrete Maßnahmen zur Unterstützung ihrer Schülerschaft durch. „Bei einem Austauschtreffen war es der erste Schritt, die Hauptschulen und die Jugendhilfe noch besser miteinander zu vernetzen“, erläutert der Schuldezernent des Kreises Steinfurt Tilman Fuchs. Über die genaue Ausgestaltung ihrer Zusammenarbeit entscheiden Schulen und Jugendämter selbst. Bei dem Treffen bedauerten die Schulleitungen, dass das Engagement der Hauptschulen in der Öffentlichkeit nicht immer wahrgenommen würde. „Auch daran wollen wir im Rahmen unseres Projekts ‚Starke Hauptschulen‘ unter der Federführung unseres RBN gemeinsam arbeiten“, erklärt Fuchs.
 
Die Beteiligten haben bereits Informationsmaterial veröffentlicht, das Lehrkräften, Eltern sowie Schülerinnen und Schülern an Grundschulen das Angebot der Hauptschulen näherbringt. „Die Hauptschulen im Kreis Steinfurt sind richtige Alleskönner. Egal, ob die Jugendlichen nach ihrem Abschluss eine Ausbildung beginnen oder zu einer höheren Schulform wechseln – sie haben die nötigen Grundlagen. Viele ehemalige Schülerinnen und Schüler berichten stolz von ihrem erfolgreichen Werdegang“, erläutert Rita Kolvenbach vom RBN. Schulamtsdirektor Michael Ballmann betont in diesem Zusammenhang: „Die Hauptschulen sind Startpunkt und Türöffner für die zukünftige berufliche und schulische Ausbildung.“
 
Nähere Informationen zu den möglichen Abschlüssen an der Hauptschule und anschließenden Weiterbildungsmöglichkeiten stehen als Download auf der Homepage des RBN unter www.kreis-steinfurt.de/rbn zur Verfügung.

Die Schule am Bagno

(sf) Auch die Schule am Bagno genießt als Ganztagshauptschule in Burgsteinfurt für Schüler aus Steinfurt, Laer und Horstmar einen ausgezeichneten Ruf. Derzeit findet natürlich auch dort kein Präsenzunterricht statt. Seit dem 12. Januar wird Distanzunterricht daheim praktiziert über den Schulserver. Der Unterricht findet grundsätzlich nach Stundenplan in einer Kernzeit von 8 Uhr bis 13.20 Uhr statt und ist in dieser Zeit verpflichtend. Von 13.20 Uhr bis 15 Uhr können nach Rücksprache mit den Lehrern Beratungen und Gespräche vereinbart werden. Jeden Montag und Freitag gibt es eine Klassenratsstunde über eine Videokonferenz. Für die Jahrgänge 5 und 6 ist eine Notbetreuung zur regulären Unterrichtszeit eingerichtet, die aber keinen Unterricht ersetzt und von der Schulsozialarbeit übernommen wird.

„Die Klassengröße in der Schule am Bagno variiert zwischen 18 und 25 Schülern. Allerdings betreuen immer zwei Klassenlehrer eine Klasse, die zu bestimmten Stunden auch zu zweit in der Klasse sind. Zusätzlich gibt es Förderbänder, wo die Klassen in kleineren Lerngruppen individueller betreut werden“, erklärt John Wittje, stellvertretender Schulleiter.

Es gibt außerdem ein Sozialtrainingsprogramm für Schüler in der 7. Klasse und beim Methodentraining wird für jeden Schüler individuell eine bestmöglich passende Lernmethode erarbeitet.

Auch im Bereich Inklusion ist die Schule am Bagno sehr gut aufgestellt: Schülerinnen und Schüler, die aufgrund einer Behinderung oder wegen einer Lern- und Entwicklungsstörung besondere Unterstützung benötigen, werden nach ihrem individuellen Bedarf sonderpädagogisch gefördert. Im Ganztag runden AGs – zum Beispiel Reiten, Fitness, Comic, Mofa, Schwimmen, Outdoor, Schülerzeitung, Kochen, Technik, Kiosk oder Fußball das Angebot ab. Außerdem führt die Schule regelmäßig ein Baby-Projekt durch. Die Schüler werden auf Eigenverantwortung vorbereitet und können sich hier als Schulpaten, Streitschlichter und in der Schülervertretung engagieren.

„All das führt dazu, dass wir zu guten Abschlüssen führen
können, zum Beispiel im letzten Jahr auch als Hauptschule zu 32 Prozent Mittlerer Schulabschlüsse („Realschulabschlüsse“). Damit können wir insgesamt auch zeigen, dass die Hauptschule keine Sackgasse darstellt.“

John Wittje, stellvertretender Schulleiter


Groß geschrieben wird zudem das Thema Berufswahlorientierung. Hier wird viel Wert auf die Umsetzung eines ganzheitlichen Konzeptes gelegt, das den Schülerinnen und Schülern schon früh, individuell und passgenau vielfältige Optionen in Hinblick auf den Übergang Schule-Beruf bietet. Die Nutzung des Berufsorientierungsbüros (BOB), der Projekttag „ehemalige Schüler stellen ihre Berufe vor“, die Durchführung der „Potenzialanalyse“ und der „TalentArena“, Betriebspraktika, Bewerbungstranings sowie die Kooperation mit elf Unternehmen im Projekt Schule-Betrieb – übrigens die meisten im Gebiet IHK-Nord-Westfalen – sind nur einige der vielen Bausteine in diesem Bereich. Im Abschlussjahrgang 2020 war die Herausforderung Corona-bedingt natürlich besonders groß: „Da wir die Schüler bei der Berufswahl individuell betreuen, hatten wir auch einen guten Blick auf ihren zukünftigen Weg, konnten über die Kooperation mit der Agentur für Arbeit (Angebot individueller Beratung in der Schule), die jeweiligen Klassenlehrer und die Berufsberatungslehrer jeder und jedem helfen. Zugute kam uns, dass wir ja, aufbauend ab Klasse 7 und 8, die Fragen der Berufsvorbereitung schon früh in den Blick nehmen, sodass auch schon vor Corona eine Begleitung stattfand“, so John Wittje.

„Jeder Schüler wird wirklich da abgeholt, wo er steht und gezielt gefördert. Hier geht es nicht nur um gute noten und Inhalte, sondern auch um Persönlichkeitsbildung.“

Yvonne Hallau, Elternvertretung


Yvonne Hallau ist Sprecherin der Elternvertretung und zudem im Stadtelternrat engagiert. Sie sieht die Stärken der „Schule am Bagno“ vor allem in der hochmotivierten Lehrerschaft. Die Klassenlehrer behalten „ihre“ Schüler von Klasse 5 bis zum Abschluss und bauen so eine enge Bindung auf. „Das hat einen sehr fürsorglichen Charakter“, betont die Mutter eines Siebtklässlers. „Auch beim Homeschooling derzeit ist das Engagement der Lehrer super. Was die sich alles einfallen lassen ist wirklich toll, abwechslungsreich und überhaupt nicht langweilig. Unsere Kinder sind sowieso medial ganz anders unterwegs und kommen damit gut zurecht – und die Lehrer unterstützen das digitale  Lernen mit unfassbar viel Kreativität.“

Das bestätigt auch John Wittje: „Viele Schüler kommen mit dem Distanzunterricht gut zurecht. Für Stillere ist es sogar eine Chance, sich über Erarbeitungen noch einmal anders zu zeigen. Aber einige Schüler tun sich sicherlich auch schwer mit dieser Art zu arbeiten. Die Klassenlehrer versuchen, diese durch Klassenratsstunden besser einzubinden. Zudem sprechen auch die Schulsozialarbeiter diese Schüler speziell an, über die Messengerfunktion in unserer Plattform oder auch durch direkte Telefonate. Für diejenigen, die keine Endgeräte haben, konnten wir Leihgeräte zur Verfügung stellen. Im Notfall stellen wir Print-Lernpakete zur Verfügung.“

Vom Konzept der Schule und  den Möglichkeiten, die sich dort für ihren Sohn bieten, ist Yvonne Hallau nach wie vor begeistert und überzeugt. „Viele wissen das ja gar nicht: Vom Hauptschulabschluss bis zum erweiterten Realschul- und Fachoberschulabschluss ist ja hier alles möglich.“ Sie sieht im Stadtelternrat ein wichtiges Organ, Schulform-übergreifend zu agieren. Für die technische Ausstattung benachteiligter Schüler zum Beispiel stehen Schule, Elternvertretung und Stadtelternrat in engem Kontakt mit der Stadt Steinfurt.

Hier sei die Hardware zwar schon vorhanden, aber für die Einrichtung der Software fehle Personal.

Yvonne Hallau ist auch im Förderverein der Schule im Vorstand und bedauert natürlich, dass die sonst geförderten Ski- und Rodelfreizeiten ausfallen mussten. Beantragte Förderungen von AGs, Projekten  und Gemeinschaftsaktionen werden natürlich wie gewohnt bearbeitet – wenn die Corona-Lage diese wieder zulässt.
John Wittje ist besonders stolz auf das Kollegium als Team: „Gerade die gute Teamarbeit der Hauptamtlichen, insbesondere in den Jahrgangsstufenteams, die Zusammenarbeit und Vernetzung mit außerschulischen Partnern in der AG-Schiene, Berufsvorbereitung, Jugendarbeit (OT-Heim in Borghorst, Talentschuppen und Kiste in Burgsteinfurt) oder Jugendberatungseinrichtungen zeichnet uns aus. Dadurch können wir, auch weil wir eine im Vergleich kleine Schule sind, sehr individuell jede Schülerin und jeden Schüler in den Blick nehmen, die Stärken fordern und seine Bedarfe fördern und das nicht nur auf der Ebene des Lernens, sondern auch auf erzieherischer Ebene, sodass wir auch die Elternhäuser gut beraten können.“

Kontakt: Grundschuleltern, die am Schulkonzept interessiert sind, können sich montags bis freitags in der Zeit von 8 bis 13.20 Uhr telefonisch beraten lassen unter der Nummer 02552 / 925640.

Der Abschluss 2020 war eine große Herausforderung  – und wurde von Schülern und Lehrern erfolgreich gemeistert. Foto: privat


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