Schock-Bilder aus Indien - Coronavirus zuletzt nicht mehr ernst genommen

Besonders Sauerstoff ist in Indien derzeit Mangelware. Für den Fall der Fälle besorgen sich Privatpersonen Sauerstoffflaschen, um gerüstet zu sein. Foto: dpa

Steinfurt

Steinfurt. Täglich telefoniert er mit seiner älteren Schwes­ter. Pastor Paul Joseph macht sich große Sorgen um seine Familie im indischen Bundesstaat Kerala.

 

 

Die Nachrichten von der dramatischen Corona-Situation in seiner Heimat schockieren den 37-jährigen Priester, der seit etwas mehr als drei Jahren in der Steinfurter Pfarrei St. Nikomedes lebt. Die zweite Corona-Welle bringt das südasiatische Land mit rund 300.000 Neuinfektionen pro Tag ans Limit. Die Kapazitäten in den Kliniken reichen längst nicht mehr aus.

„Es fehlt an Sauerstoff“, weiß Pastor Joseph. Das treibe den Schwarzmarktwert in die Höhe. Viele Inder besorgten sich privat Sauerstoffflaschen zu horrenden Preisen, einfach für den Fall, dass – wenn man erkranke – man Sauerstoff habe. Aber auch der Impfstoff bleibe in Indien weiter Mangelware, weil die Regierung die Produktion nicht rechtzeitig vorangetrieben habe.

Dass die Zahl der mit Covid-19 Infizierten so hoch sei, liege unter anderem daran, dass die Menschen vielfach die notwendigen Regeln nicht konsequent einhielten, glaubt der Pastor. Masken und Abstand seien nicht so selbstverständlich wie in Deutschland. Viele Inder hätten die Gefahr durch die Coronavirus Mutationen zuletzt nicht mehr ernst genommen – wohl auch, weil der umstrittene Premier Narendra Modi den Menschen vermittelt habe, das Schlimmste in der Pandemie sei überstanden.

In einigen Bundesstaaten hätten kürzlich Kommunalwahlen stattgefunden, berichtet Pastor Joseph. Bei Wahlkampfveranstaltungen seien viele Menschen zusammengekommen und hätten sich angesteckt – mit dramatischen Auswirkungen auf das Gesundheitssystem. Um erneute Ansammlungen zu verhindern, habe die Regierung eine Ausgangssperre verhängt und Geschäfte müssten geschlossen bleiben, sagt Pastor Joseph.

Für religiöse Feiern gelten auch in Indien Beschränkungen. Doch nicht immer würden alle Vorgaben respektiert. Trotz hoher Infektionszahlen hätten beispielsweise Hundertausende Hindu-Pilger ein rituelles Bad im Ganges genommen.
Ob die so genannte indische Mutation des Virus die Infektionen zusätzlich in die Höhe treibt, in diesem Punkt sind sich die Virologe aufgrund der dünnen Datenlage noch nicht einig.

Dass sich seine Familie an die Regeln hält, darauf drängt Pas­tor Joseph in jedem seiner Telefonate: „Mein Vater arbeitet in der Landwirtschaft. Auf den Feldern hat er kaum Kontakt zu anderen.“ Ansonsten würden seine Eltern und Geschwis­ter alle Schutzmaßnahmen umsetzen und selbstverständlich das Haus nicht ohne Maske und immer mit ausreichend Abstand verlassen.

Besonders die Bilder von den leidenden Menschen, die er seit Tagen im Fernsehen und im Internet sieht, lassen Joseph manchmal traurig werden: „Man kann von hier aus nicht helfen.“ Gerne würde er im Spätsommer wieder zu Besuch nach Indien fliegen.

Dass eine Reise dann allerdings möglich sein wird, glaubt er jedoch kaum.


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