Digitale Fitness für Lehrer

Tobias Raue aus Burgsteinfurt, Lehrer an den Kaufmännischen Schulen in Rheine, schult schon seit mehreren Jahren Lehrerkollegen in der Anwendung digitaler Medien für den Unterricht. Foto: Lennart Böwering

Steinfurt

Steinfurt. Covid-19 hat es aufgedeckt: Der Einsatz digitaler Medien und die Vermittlung entsprechender Inhalte und Kompetenzen sind an vielen Schulen in Deutschland leider immer noch nicht richtig angekommen. Das EdTech-Start-up „fobizz“ aus Hamburg widmet sich genau diesem Dilemma und digitalisiert die Lehrerweiterbildung in Deutschland. Mit im Boot ist Tobias Raue, Lehrer aus Steinfurt.

„Ich habe schon vor etlichen Jahren damit begonnen, Unterrichtsinhalte in digitalen Medien – zum Beispiel You­tube – zu gestalten“, erklärt der 44-jährige Familienvater. „Es gab zu Beginn wenig Interesse bei den Kollegen. Die ganze Thematik entwickelte sich in der Schullandschaft eher träge.“ 2018 sei dann „fobizz“ auf ihn zugekommen; seitdem bietet der BWL-Lehrer seine Dienste als Referent nebenberuflich über diese Plattform an.

„Interessierte Kollegen finden über ,fobizz‘ die Inhalte einfach und gut strukturiert, alles ist sehr gut vernetzt.“ Der Digitalpakt sei ein wichtiger Schritt, um die technische Infrastruktur an deutschen Schulen auf einen aktuellen Stand zu bringen. „Aber die technische Ausstattung alleine reicht nicht aus. Auch Lehrkräfte müssen qualifiziert und weitergebildet werden, um digitale Technologien sinnvoll im Unterricht einzusetzen. Angehende Lehrkräfte können immer noch ein komplettes Lehramtsstudium absolvieren, ohne sich überhaupt mit digitalen Medien zu beschäftigen. Da muss noch viel mehr passieren“, sagt Raue.

Corona hat den Verantwortlichen einen kräftigen Anstupser verpasst. Während der Schulschließungen hat sich die Zahl der Lehrkräfte auf der Weiterbildungsplattform „fobizz“ mehr als verzehnfacht. Viele Lehrer waren dankbar, sich schnell, flexibel, orts- und zeitunabhängig von daheim aus zu aktuellen Themen wie digitale Medien, Fern- und Hybridunterricht weiterbilden zu können und aktiv ihre digitalen Kompetenzen zu verbessern. Die Mission der „fobizz“-Gründerinnen Theresa Grotendorst und Diana Knodel bekam damit den entscheidenden Auftrieb.

Heute werden auf „fobizz“ täglich rund 1.500 Fortbildungen absolviert und mehr als 100.000 Lehrkräfte und Schulen nutzen die Weiterbildungsplattform. „Es geht zum Beispiel ganz einfach darum, den Kollegen zu zeigen, wie sie einen einfachen Erklärfilm für die Schüler erstellen können. Natürlich gibt es auch komplexere Module: Aktuell erstelle ich eine Fortbildung, in der es um Book-Creator geht. Das ist besonders für Grundschullehrer interessant“, so der Referent. „Viele Kollegen haben immer noch nicht erkannt, wieviel Potenzial in der Digitalität liegt. Die Nutzung ermöglicht offenes und projektorientiertes Arbeiten und die Schüler haben daran sehr viel mehr Spaß als immer nur an Stift und Papier.“

Mit dem Digitalpakt seien zwar gute Rahmenbedingungen geschaffen worden, aber die ganze Einrichtung der Software auch für den dauerhaften Einsatz im Schulalltag erfordere enorm viel Zeit und auch entsprechendes Personal. „Auch da wurde zwar reagiert, aber wie gesagt: ein paar Jahre zu spät“, betont der Pädagoge.

Immerhin könne er in diesem Jahr wieder etwas Urlaub nehmen. „Daran war 2020 nicht zu denken, da musste, wer für die Digitalisierung zuständig war, die Sommerferien durcharbeiten. Viele Kolleginnen und Kollegen haben sich außerdem über ,fobizz‘ auch während der Wochenenden und der Ferienzeiten fortgebildet.“


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