Buddy – Co-Therapeut auf vier Pfoten

Der zweijährige Buddy bei der Arbeit: Ruhe ausstrahlen und Vertrauen schaffen. Foto: privat

Steinfurt

Steinfurt. Elias war durch die Geschehnisse in seiner Familie stark traumatisiert. Er lebte in seiner eigenen Realität und war für niemanden emotional zu erreichen. Verschiedene interne und externe Therapieversuche scheiterten. Bis zu dem Tag, als ein besonderer Co-Therapeut in die Gruppe gehuscht kam: Buddy, ein junger, bildhübscher Flat Coated Retriever mit glänzend schwarzem Fell.

Elias hat in seinen zwölf Jahren nicht viel Gutes erlebt. Sein familiäres Umfeld war bestimmt durch körperliche und psychische Gewalt. Schließlich wurde den Eltern die Erziehungsfähigkeit aberkannt. Elias und sein jüngerer Bruder kamen als Kinderschutzfall in eine Borkener Wohngruppe der Evangelischen Jugendhilfe Münsterland.

Buddys Besitzerin Svenja Vahlhaus, die zu der Zeit in der Wohngruppe als Pädagogin tätig war, beobachtete, dass Elias nach verbalen und körperlichen Ausbrüchen immer wieder die Nähe zu Buddy suchte, sich zu ihm legte, ihn umarmte und streichelte, weinte und sich wieder beruhigte. Das pädagogische Team sah darin sofort eine Chance, mit Elias zu arbeiten. In Krisensituationen war der Hund ab sofort stets anwesend. Der Zwölfjährige zeigte sich dann sehr viel kontrollierter und ruhiger. Elias konnte den Hund losschicken, um eine Gefühlskarte zu ziehen, über die er dann sprechen kann. Dadurch erfuhr Elias etwas, das er bisher noch nicht kannte: Selbstbestimmung und Handlungsfähigkeit.
Buddy und Vahlhaus sind ein „Therapiepädagogisches Begleithundeteam“. Sie haben eine 18-monatige Ausbildung beim Institut MITTT in Rheine hinter sich. „Für mich war das vor zwei Jahren eine spontane Idee. Die Familie wollte gern einen Hund, und ich habe mir gedacht, dann nehme ich ihn auch mit in die Arbeit und lasse ihn, oder besser uns, ausbilden“, erinnert sich Vahlhaus. Dabei habe sie sich vorab genau informiert, welche Rasse oder welcher Charakter für ihren Arbeitseinsatz geeignet ist. Vahlhaus dachte an einen ruhigen, leicht zu führenden Hund und Buddys Rasse gilt als menschenfreundlich und leicht zu erziehen. „Die Ausbildung hatte es allerdings in sich“, erzählt Vahlhaus weiter, „im ersten halben Jahr blieb der Hund zu Hause, und es gab für mich viel Theorie zu lernen“. Es folgten intensive Trainingseinheiten mit dem Vierbeiner.

Buddy arbeitet nur auf Kommando. Wenn man ihn nicht braucht, liegt er geruhsam auf einem seiner Plätzchen und hat die Möglichkeit, sich auszuruhen. Denn: Auch für Buddy ist es anstrengend und er braucht einen Ort, an dem er sich jederzeit zurückziehen kann. Das ist ein wichtiger Hinweis, den Vahlhaus immer wieder geben muss: „Wir beobachten oft, wie Kinder und Jugendliche, die ansonsten unruhig, unbeherrscht und laut sind, sich Buddy zuliebe leise verhalten“. Buddys Erfolg hat viele Gründe: Ein Hund begegnet dem Menschen wertfrei, er tröstet und bewahrt Geheimnisse. Und: er spiegelt das Verhalten seines Gegenübers wider. Ist der Mensch laut, wird der Hund unruhig. Und so passiert es, dass eine Schulklasse, in der Buddy zu Besuch ist, leise wird, die sonst kaum zu bändigen ist. Denn: Buddy kommt erst, wenn es ruhig ist. „Wir bieten in verschiedenen Schulen im Münsterland Sozialtraining-Workshops an und Buddy lockert das mit lustigen Tricks auf.“

Zurzeit „arbeitet“ Buddy im Projekt „Dock 14“ in Steinfurt, wo ihn schon alle ins Herz geschlossen haben. Und Elias? Der Zwölfjährige wohnt mittlerweile in einer Intensivwohngruppe der Evangelischen Jugendhilfe. Er ist dort gut angekommen, so Vahlhaus, und hat sogar einen Freund gefunden. Mit Buddy hat er zwar keinen regelmäßigen Kontakt mehr, aber zur Wohngruppe gehört Garfield, ein zugelaufener roter Kater. Und der macht – auch ohne Ausbildung – einen guten (Kuschel-)Job.

Kuschelexperte Buddy und Frauchen Svenja Vahlhaus arbeiten mit Kindern.


Anzeige