Verdopplung der Kundenanzahl: Tafel braucht Helfer

Eine großzügige Spende hat die Firma Möller Chemie aus Steinfurt, vertreten durch Pia Berghaus (3.v.l.), der Steinfurter Tafel zukommen lassen. Das Leitungsteam der Tafel – (v.l.) Harry Agethen, Antje Herz und Hans Bernd Haverkock – ist dankbar dafür. Foto: Steinfurter Tafel

Steinfurt

Steinfurt. Die Tafeln verhängen bundesweit Aufnahmestopps. 30 Prozent hätten es mittlerweile getan, sagt Guido Meyer Wirsching, Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Burgsteinfurt. Die Belastung sei zu groß. Nicht so in Steinfurt.

„Nein, wir haben nicht darüber nachgedacht, einen Stopp zu verhängen“, sagt Antje Herz, die gemeinsam mit Harry Agethen und Bernd Haverkock das Leitungsteam der Tafel an der Bahnhofstraße in Burgsteinfurt bildet. „Wir funktionieren wie ein mittelständisches Unternehmen“, bringt sie es auf den Punkt.

Einsätze von 80 bis 100 Menschen – allesamt ehrenamtlich tätig – gilt es zu koordinieren. Drei Arbeitsfelder decken sie ab: die Vorbereitung der Lebensmittel für die Ausgabe, die Ausgabe und den Fahrdienst.
„Nur die Fahrer sind komplett digital unterwegs“, erklärt Haverkock, weshalb für diese Gruppe keine Dienstpläne an der Wand im Besprechungszimmer zu sehen sind.

450 Kunden, sagt Antje Herz, kauften aktuell bei der Tafel ein. Seit Februar 2022 – der Angriff auf die Ukraine begann – habe sich die Kundenzahl bei der Tafel nahezu verdoppelt. „Diese Zahl müssen Sie noch mal drei nehmen“, fügt sie hinzu. Durchschnittlich kauft eine Person für sich und zwei weitere ein. Bewährt hat sich auch, dass immer nur ein einziger Kunde im Laden ist. Die Lebensmittel, die die Menschen dort für 2,50 Euro pro Einkauf bekommen, seien ein Zusatzangebot, macht Haverkock deutlich. Den kompletten Bedarf von Familien und Einzelpersonen könne die Tafel nicht decken.

Jeder Kunde hat einen Ausweis – und sozusagen einen Stundenplan: Auf dem Kärtchen ist für mehrere Wochen aufgeführt, zu welcher Uhrzeit der jeweilige Kunde einkaufen kann. Wie ein Uhrwerk soll der Ablauf funktionieren, lange Warteschlangen vor der Tür sollen so vermieden werden.

Die Bedürftigkeit wird bei Menschen, die sich neu anmelden, immer mittwochs von 10 bis 12 Uhr geprüft. Zehn bis 15 Personen seien jedes Mal da, überschlagen Herz und Agethen. Sie seien nur ganz selten nicht berechtigt.
80 Prozent der Kunden, so Agethen, seien Flüchtlinge, 20 Prozent Einheimische. Sprachschwierigkeiten gebe es nicht. „Wir haben Mitarbeiter, die Russisch sprechen, und welche, die Arabisch können“, sagt Haverkock und fügt hinzu: „Die Kunden verständigen und helfen sich auch untereinander.“

Von „drei starken Persönlichkeiten“ spricht Guido Meyer Wirsching im Besprechungsraum der Tafel und hat Antje Herz, Hans Bernd Haverkock und Harry Agethen im Blick. 80 bis 100 Ehrenamtliche sind derzeit im Einsatz. Das klingt viel. Ist es das auch? Nein, antworten alle sofort sehr deutlich.

Die Ehrenamtlichen seien zwischen 24 und 94 Jahre alt. Antje Herz: „Die gestiegene Nachfrage bei der Unterstützung durch die Tafel führt zu einem erhöhten Organisationsaufwand sowohl bei der Aufbereitung der Lebensmittel, der Lagerhaltung als auch bei der Ausgabe.“ Die oftmals älteren ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerieten dabei an ihre Belastungsgrenzen. „Drei Stunden stehen und ausgeben ohne Pause, das ist anstrengend.“ Zeit für einen Kaffee oder Plausch gebe es nicht mehr. Haverkock: „Wir überlegen, wie wir den wachsenden Kundenstrom beherrschen können.“ Über die Einführung von zwei Schichten werde etwa nachgedacht.

Immer wieder geben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – oft schweren Herzens – auf. Die Aufgabe sei erfüllend, betont Meyer Wirsching: Man rette Lebensmittel und helfe Menschen.
Die Steinfurter Tafel sucht daher laufend weitere Ehrenamtliche. Interessierte können sich für weitere Informationen an Harry Agethen, Hans Bernd Haverkock oder Antje Herz wenden.


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