Was sagt Nostradamus uns über das Jahr 2023?

Ein zeitgenössisches Nostradamus-Portrait aus dem 16. Jahrhundert, angefertigt von seinem Sohn. Foto: Wikipedia

Überregional

Das neue Jahr 2023 steht vor der Tür und wer würde da nicht gerne wissen, was es ihm bringt? Über die ganz persönliche Zukunft könnte ein Horoskop Auskunft geben. Aber was steht der ganzen Menschheit und der Welt im nächsten Jahr bevor?

 

 

Darüber hat sich schon im 16. Jahrhundert der Franzose Michel de Notredame (latinisiert: Nostradamus) seine Gedanken gemacht, und seine Vorhersagen für das kommende Jahr werden von einigen Astrologen so interpretiert, dass uns allen eine schwere Zeit bevorsteht.

Nostradamus sagte angeblich für das kommende Jahr 2023 eine große Wirtschaftskrise voraus und sogar den 3. Weltkrieg. Weiter schrieb er von „Schlachtspielen“ im kommenden Jahr, was ebenfalls als Kriege oder auch als Terroranschläge gedeutet werden könnte.

Aber wer war Nostradamus überhaupt

– und woher bekam er seine Eingebungen, was die Zukunft betraf?

Geboren wurde Nostradamus am 14. Dezember 1503 in der Provence; gestorben ist er ebendort am 2. Juli 1566. Sein Familie stammte wahrscheinlich von spanischen Juden ab und bereits sein Vater war zum christlichen Glauben übergetreten. Nos­tradamus studierte in seiner Jugend Grammatik, Rhetorik, Logik, musste sein Studium wegen des Ausbruchs der Pest aber aufgeben und arbeitete seit dieser Zeit erfolgreich als Apotheker und Pestarzt.
Nach langen Wanderjahren, in denen es ihn nie lange an einem Ort hielt, heiratete er im Jahr 1547 zum zweiten Mal; zwölf Jahre nach dem Tod seiner ersten Frau. Er gab das Umherziehen auf und lebte gut von seinen Einnahmen als Apotheker; noch besser allerdings verdiente er an seinen Horos­kopen und Weissagungen, die er für Fürs­ten und sogar Könige anfertigte. Seinen Ruf als „Seher“ verdankte er unter anderem seinen seit dem Jahr 1550 jährlich erscheinenden, gedruckten Almanachen, einer Art Jahreskalender, der neben Astronomischen Anmerkungen auch Wetter- und Bauernregeln enthielt und in dem er seine in der Regel düsteren und nebulösen Prophezeiungen für das jeweilige Jahr veröffentlichte. Die kleinen, etwa handtellergroßen Büchlein wurden zu einem Verkaufsschlager, nicht zuletzt, weil sie in französischer Sprache und nicht, wie bisher üblich, in Latein verfasst waren.
Nächtliche Eingebungen

Die Almanache machten ihn und vor allem seine frühen Weissagungen einem größeren Publikum bekannt und erschienen bis zu seinem Tod.

Ab dem Jahr 1555 begann Nostradamus dann, sein „Hauptwerk“ zu schreiben – die bis heute so berühmten „Prophezeiungen“: Jeweils vierzeilige Vorhersagen in Strophen- und Reimform, aus denen seine Anhänger bis heute die Zukunft zu deuten versuchen.

Das Titelblatt der ersten Ausgabe

Das Titelblatt der ersten Ausgabe der „Prophezeiungen“ aus dem Jahr 1555, in der Nostradamus die ersten hundert seiner Voraussagen veröffentlichteFoto: Wikipedia

Knapp 1.000 dieser Strophen hat Nostradamus im Laufe der Jahre niedergeschrieben und in mehreren Büchern unter dem Titel „Prophezeiungen“ nach und nach veröffentlicht. Eingegeben wurden ihm die Vierzeiler in durchwachten Nächten durch göttliche Ins­piration und astronomische Konstellationen am Himmel, wie er selbst schrieb.

Ein Prophet bleibt in Deckung

Wie alle „guten“ Propheten blieb Nostradamus beim Blick in die Zukunft selbst immer in Deckung: Seine Vierzeiler sind voller Metaphern und unklarer Bilder, kommen niemals auf den Punkt, mischen oft französische mit lateinischen Begriffen, wodurch sich mehrere Übersetzungsmöglichkeiten ergeben. Einige Zeilen enthalten sogar von ihm frei erfundene Wörter – was der Interpretation nochmals ganz enormen Spielraum lässt.

Die wahre Kunst ist die Auslegung

Nicht zuletzt: Die Verse nennen niemals Daten oder Namen. Wie soll man daraus die Zukunft lesen können? Augenzwinkernd schrieb der deutsche Philosoph Max Dessoir, das Wunder bei Nos­tradamus seien eben nicht dessen Texte, sondern die Auslegekunst seiner Erklärer.

Aber hat Nostradamus nicht tatsächlich schon so oft richtig gelegen und zahlreiche zutreffende Vorhersagen gemacht?

Darauf jedenfalls berufen sich seine Anhänger seit Jahrhunderten. Und tatsächlich scheint es eine ganze Reihe an Prophezeiungen zu geben, die eingetroffen sind. Doch diese Feststellung trügt: Alle der angeblich zutreffenden Vorhersagen wurden in Nostradamus‘ Zeilen hineingedeutet, nachdem ein Ereignis bereits eingetreten war. Die Vieldeutigkeit der Nostradamus-Verse lädt zu diesem Vorgehen ja auch geradezu ein; unterschiedlichste Geschehnisse lassen sich mühelos ein- und demselben Vers zuordnen. Noch niemandem ist es gelungen, aus Nostradamus‘ Überlieferungen eine klare, überprüfbare Zukunftsprog­nose zu formulieren, die sich dann später bewahrheitet hätte. Umgekehrt ist es eine Kleinigkeit, sich für ein beliebiges, geschichtliches Ereignis aus den nebulösen Vierzeilern einen treffenden herauszupicken.

Ohnehin ist die Auslegung von Nostradamus‘ Schriften keine Sache der Wissenschaft. Meist Astrologen oder selbst ernannte Nostradamus-Forscher interpretieren Jahr für Jahr die Prophezeiungen (wobei sie sich untereinander selten einig sind). Für das jetzt ablaufende Jahr 2022 kamen sie vor einem Jahr zu dem Ergebnis, es werde die EU zusammenbrechen, die Stadt Paris belagert (von wem auch immer) und das Regime in Nordkorea untergehen.

Die bisher spektakulärste Prophezeiung ging 1999 daneben: Für den Sommer hatte Nostradamus laut seiner Anhänger die Rückkehr des „großen Schreckenskönigs“ und den Untergang der Welt vorausgesagt. Seine Anhänger erwarteten wahlweise den Besuch kriegerischer Außerirdischer, den Einschlag eines Asteroiden, die Zündung von Atombomben und noch einigen anderen Unsinn mehr. Passiert ist wieder einmal: nichts.


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