Vom Existenzminimum ist nicht mehr die Rede

Steigende Energiekosten sowie allgemeine Preissteigerungen setzen Menschen, die bereits zu den Bedürftigen gehören, immer mehr unter finanziellen Druck. Aber auch der so genannte Mittelstand ist mittlerweile betroffen. Foto: Caritas

Recht & Rat

Rheine (cpr). Fortlaufend steigende Energiekosten, Preissteigerungen für Möbel, Mobilität und Lebensmittel – die Inflationsspirale setzt Menschen, die bereits zu den Bedürftigen gehören, immer mehr unter finanziellen Druck. Aber auch der so genannte Mittelstand ist mittlerweile betroffen. Die Caritas unterstreicht die immer lauter werdenden Forderungen nach einem regulierenden Eingreifen durch den Staat.

Frank Schneider, Fachdienstleitung und unter anderem für die Allgemeine Sozialberatung und die Schuldnerberatung der Caritas Rheine zuständig, kann dies mit Zahlen untermauern. Die Pauschale für Beziehende von Grundsicherungsleistungen liegt aktuell bei 38,07 Euro für Energie und Instandhaltung. „Die monatlichen Abschlagskosten für Strom liegen aber schon bei 50 Euro oder mehr“, so Schneider. „Es ist jetzt schon klar, dass immer mehr Betroffene weitere Schulden machen müssen, um ihre Energiekosten zu bezahlen. Die Schuldenspirale dreht sich damit immer weiter. Da diese Mehrkosten von staatlicher Seite nicht ausgeglichen werden, schmälern sie das Sogenannte Existenzminimum. Die Inflation setzt insbesondere die Schwächsten der Gesellschaft immer weiter unter finanziellen Druck. Strom, Gas, Möbel, Mobilität, Lebensmittel – alles wird teurer.

Im Jahr 2021 hat die Allgemeine Sozialberatung des Caritasverbandes Rheine 254 Haushalte beraten; der Großteil suchte wegen Sozialleis­tungen die Beratungsstelle auf. Bei der Schuldner- und Insolvenzberatung waren es 532 Menschen. Mehr als die Hälfte davon beziehen Hartz IV-Leistungen. Betroffen waren insgesamt 1.496 Personen, 792 davon wiederum Kinder unter 19 Jahren.

Bereits Ende letzten Jahres forderte der Deutsche Caritasverband Anpassungen beim Regelbedarf für Hartz IV-Beziehende. Die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes Eva Maria Welskop-Deffaa betonte im Dezember bereits, dass die Stromkosten hinreichend gedeckt sein müssten und eine Energiearmut nicht zu akzeptieren sei. Auch Caritas-Vorstand Dieter Fühner bezeichnet die aktuell geltenden Berechnungsgrundlagen als realitätsfern.

Wessen Einkommen zum Leben nicht ausreicht, der kann einen Antrag auf aufstockende Leistungen oder Wohngeld stellen. Grundlage für die Berechnung ist der Regelsatz. Er schließt sämtliche Leistungen zur Sicherung des Grundbedarfs ein, so zum Beispiel Kosten für Lebensmittel, Körperpflege, Kleidung und Hausrat, Strom sowie Freizeit, Verkehr, Post und Kommunikation. Nach dieser Berechnung stehen alleinstehenden Erwachsenen monatlich 449 Euro zu. Bei Familien erhält jede Person gestaffelt nach dem Alter einen abgestuften Regelsatz, plus Pauschalen für Bildung und Teilhabe sowie eben das Wohngeld. Hiervon müssen jedoch alle laufenden Kosten wie Miete, Heiz- und Stromkosten aber auch Ausgaben wie Versicherungen, Internet und Telefon beglichen werden. Nach Abzug dieser Posten bleibt oftmals kaum noch etwas, um den Alltag ohne Einschränkungen bestreiten zu können. Der Regelsatz wird jährlich im Vergleich zum Vorjahr angepasst. Die Steigerung in diesem Jahr um knapp 3 Euro pro Person entspricht jedoch nicht den realen allgemeinen Preissteigerungen. „Ein einmaliger Heizkostenzuschuss ändert an diesem grundsätzlichen Problem nichts, da die Kosten jeden Monat erneut anfallen.

Der Krieg in der Ukraine und die damit verbundene Ressourcenknappheit potenziert die Problematik nochmals. So kommt der größte Teil der Beziehenden von Grundsicherung nicht mehr mit der angenommenen Bruttowarmmiete aus. Die tatsächlichen Mehrkosten gingen wiederum vom Existenzminimum ab und mussten an anderer Stelle, wie bei der Ernährung, eingespart werden. So dreht sich die Spirale weiter.

Alle Personen mit Beratungs- und Hilfebedarf können sich an die Allgemeine Sozialberatung oder auch die Schuldnerberatung der Caritas Rheine wenden. Die Beratungsangebote sind vertraulich und kostenfrei. Die Allgemeine Sozialberatung ist unter der Telefonnummer 05971 / 8040480 oder per E-Mail unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! erreichbar. Die Schuldnerberatung kann unter der Rufnummer 05971 / 8694330 oder per E-Mail unter der Adresse Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! kontaktiert werden.


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