Trainerwechsel beim TVE: Was bringt das fürs Team?

Ein Bild, das Bände spricht: Es lief nur selten gut für den TV Emsdetten in der vergangenen und auch der laufenden Saison. Jetzt musste Trainer Aaron Ziercke (2.v.l.) gehen – der zweite Trainerwechsel beim TVE innerhalb eines Jahres. Foto (Archiv): Podszun

Handball

Emsdetten (hp). Zweiter Trainerwechsel beim Handballzweitligisten TV Emsdetten innerhalb eines Jahres. Aaron Ziercke ging am 7. Februar; für ihn kam der niederländische Trainer Peter Portengen.

 

Keine Frage: Es läuft gerade nicht beim Handballzweitligisten TV Emsdetten. Und das nicht erst seit gestern. In der Saison 2019/2020 hat vielleicht nur der Corona-bedingte Abbruch der Saison den TVE vor dem Abstieg in die dritte Liga gerettet. 

Damals hatte Ziercke am 18. Februar mitten im Abstiegskampf den langjährigen TVE-Trainer Daniel Kubeš abgelöst. Der 24. und letzte Spieltag vor dem Corona-Abbruch der Liga fiel auf den 7. März und am 21. April wurde die Saison vorzeitig beendet, ohne dass Mannschaften aufgrund ihres Tabellenplatzes absteigen mussten. Damals stand Emsdetten nach 24 von 34 Spielen auf dem vorletzten (Abstiegs-)Platz mit 15:33 Punkten. Stand heute liegt Emsdetten nach 14 von 36 Spielen auf dem letzten Platz mit 5:23 Punkten. Darum muss jetzt auch Ziercke gehen in einer Situation, die mindestens so ernst ist wie vor einem Jahr.
Offensichtlich hat der Trainerwechsel damals also nichts gebracht.

Was bringt ein Trainerwechsel?
Wenn es nicht läuft im Sport und in der Liga – nicht nur im Handball ist das bekanntermaßen so – wird oft der Trainer dafür verantwortlich gemacht. Mit seiner Entlassung erhoffen sich die Clubverantwortlichen meist weniger einen qualitativen, sondern eher einen psychologischen Effekt. Oder wie es TVE-Geschäftsführer Frank Wiesner ausdrückt: „Wir (...) sahen uns in Hinsicht auf die jetzige Tabellensituation verpflichtet, einen neuen Impuls zu setzen.“

Frischer Wind soll durch die Bude wehen, neue Besen besser kehren. Spieler sollen einen Kick durch die Verpflichtung eines neuen Coaches erhalten, Negativserien durch den „Neubeginn“ mit dem neuen Trainer durchbrochen werden.
Diese Effekte spielen sich sehr stark im Kopf der Spieler ab. Die neue Situation mit neuem Trainer kann daher durchaus dem Abstiegssog hinausführen und eine Serie von Niederlagen beenden.

Und nicht zuletzt: Auch das Management muss beweisen, dass es handelt, wenn die Hütte brennt – zum Beispiel mit der Trainerentlassung. Sportwissenschaftlich nachweisen lässt es sich indes nicht, ob ein Trainerwechsel inmitten einer Saison der individuellen Mannschaft den erhofften Impuls und neue Spielerfolge bringt. Was an sich logisch ist, da man nie wird wissen können, wie ein Team unter dem alten Coach weitergespielt hätte. Was auch sicher ist: Keine Negativserie hält ewig – irgendwann wird jede Mannschaft wieder ein paar Spiele gewinnen. Mit oder ohne neuen Trainer.

Für den Fußball werden Untersuchungen zum Trainerwechsel innerhalb einer laufenden Saison bereits seit Jahrzehnten durchgeführt. Ergebnis: Ein Trainerwechsel hat diesen Studien zufolge keinen Einfluss auf die Spielstärke eines Teams – was ein wichtiger Punkt abseits der Trainerdiskussion ist und der sich ziemlich sicher auch auf den Handballsport übertragen lässt. Denn in der Einzelbetrachtung sind nur zwei Dinge entscheidend dafür, welches Team ein (Handball-)Spiel gewinnt: zum einen die Spielstärke, zum anderen der Zufall – oder wenn man so will: das Glück.

In der Regel sollte die stärkere Mannschaft gewinnen, umso sicherer, je weiter die Teams in ihrer Spielstärke auseinander liegen. Aber manchmal verliert eben auch ein FC Bayern – oder Gummersbach, um im Handball-Bild zu bleiben; wie zum Beispiel im Oktober 2019 gegen den TV Emsdetten. Nur eben sehr viel seltener – was die Spielstatistik unterstreicht: In insgesamt vier Begegnungen gewannen die Gummersbacher gegen den TVE drei Mal – und ein Mal hatten sie Pech.

Vielleicht ist es einfach das, was den Emsdettenern in den letzten Partien immer wieder gefehlt hat: Das entscheidende Quäntchen Glück. Oder um es wohl noch treffender mit den legendären Worten des Fußballers Jürgen „Kobra“ Wegmann zu sagen: „Erst hatten wir kein Glück – und dann kam auch noch Pech dazu.“

Der TVE zum Trainerwechsel

Trainer Aaron Ziercke leitete seit Februar 2020 die Geschicke der Emsdettener Bundesligamannschaft, wobei sein Vertrag zum Saisonende 2021 ausgelaufen wäre. „Die Leistungen unserer Mannschaft seit Saisonbeginn entsprachen nicht den Erwartungen, die wir an sie gestellt haben. In enger Absprache mit unserem sportlichen Leiter André Kropp sahen wir uns in Hinsicht auf die jetzige Tabellensituation verpflichtet, einen neuen Impuls zu setzen“, erläuterte Geschäftsführer Frank Wiesner die Entscheidung in einer Pressemitteilung.

„Wir bedauern dieses sehr, möchten uns für Aarons Engagement beim TV Emsdetten bedanken und wünschen ihm für seinen weiteren Werdegang viel Erfolg“, so Wiesner weiter.

Als Nachfolger wird der erfahrene niederländische Trainer Peter Portengen das Traineramt beim TV Emsdetten übernehmen.
Peter Portengen ist als Trainer mehrfacher holländischer Meister, Vizemeister und Pokalsieger mit SV Dalfsen, Kras Volendam und E&O-Handball. Als Spieler bestritt er 128 internationale Spiele für die Niederlande und war in der Zeit von 2009 bis 2016 gemeinsam mit Henk Groener, ehemaliger Trainer des TV Emsdetten, Coach der niederländischen Frauen-Nationalmannschaft.
Zudem wurde er 2007, 2008 und 2012 zum Trainer des Jahres in den Niederlanden gewählt.

„Mit Peter Portengen kommt jede Menge Handballerfahrung auf die Emsdettener Trainerbank und wir hoffen damit den richtigen Impuls setzen zu können“, erklärt Andre Kropp die Verpflichtung des neuen Trainers.
„Auch der heutige Trainer der deutschen Frauen-Nationalmannschaft Henk Groener wusste nur Gutes über seinen damaligen Co-Trainer zu berichten“, weiß Heike Schürkötter von ihrem Gespräch mit Henk zu berichten.

Peter Portengen erhielt einen Vertrag bis 30. Juni 2021 und hat bereits am Montag (11. Januar) mit der Vorbereitung auf das nächste Spiel Anfang Februar begonnen.


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