Der Quastenflosser

Auf dem Bild ist ein präpariertes, erst vor wenigen Jahren gefangenes Exemplar zu sehen. Foto: Alberto Fernandez Fernandez / wikimedia.de / CC BY-SA 3.0

Tier des Monats

(hp) Stellt euch vor, ihr geht zum Einkaufen in den Supermarkt und findet dort in der Auslage der Fleisch­theke zwischen Bratwurst und Rollbraten frische Dinosaurierschnitzel – und zwar echte! 

So etwas ist wirklich einmal einem Menschen passiert, wenn auch nicht mit einem Dinosaurier: Im Jahr 1938 entdeckte die südafrikanische Biologin Marjorie Courtenay-Latimer im Fang eines Fischers einen sehr seltsam aussehenden Fisch, den sie noch niemals zuvor gesehen hatte. Sie fertigte eine Zeichnung des etwa 1,50 Meter langen und 50 Kilo schweren Fisches an und zeigte sie später einem Fischkundler.

Der erkannte das Tier sofort und war über alle Maßen erstaunt: Von diesem Fisch hatte man angenommen, dass er gemeinsam mit den Dinosauriern vor etwa 65 Millionen Jahren ausgestorben war. Den Wissenschaftlern war dieser Fisch bisher nur aus Versteinerungen bekannt gewesen.

Die ältesten versteinerten Fossilien der Quastenflosser sind unglaubliche 409 Millionen Jahre alt. Damit stammen sie aus einer Zeit, in der sich die ers­ten im Wasser lebenden Wirbeltiere begannen, sich an ein Leben auf dem Land anzupassen. Und der Quastenflosser gilt als einer der Vorfahren dieser ersten Landwirbeltiere.

Möglich wurde der „Landgang“ des Quas­tenflossers – oder besser: seiner Nachfahren, der Amphibien, durch die besondere Form seiner Ruderflossen – denen er auch seinen Namen verdankt. Denn die mit Knochen stabilisierten und kräftigen Muskeln versehenen Brust- und Bauchflossen erinnern in ihrem Aussehen an einen Quast – das ist ein dicker, bürstenartiger Malerpinsel.
Die Wissenschaftler vermuten, dass die Quastenflosser die kräftigen Flossen zur Fortbewegung direkt auf dem Meeresboden verwendet haben. Die Evolution hatte damit schon vor über 400 Jahren das „Gehen“ unter Wasser erfunden, was sich einige Millionen Jahre später als äußerst nützlich für die Fortbewegung an Land erweisen sollte.

Es ist überaus erstaunlich und selten, dass ein Lebewesen wie der Quastenflosser über 400 Millionen Jahre fast unverändert überdauert hat. Man nennt solche Tiere oder auch Pflanzen daher auch „lebende Fossilien“.
Damit eine Art sich über solch unglaubliche Zeiträume erhalten kann, müssen einige besondere Voraussetzungen erfüllt sein. So darf sich zum Beispiel der Lebensraum einer solchen Art während der ganzen Zeit nicht oder nur sehr wenig verändern. Das ist beim Quastenflosser zum Beispiel dadurch gegeben, dass er in relativ tiefem Wasser lebt.

Häufig kommen lebende Fossilien zudem in nur wenigen, begrenzten Lebensräumen vor, wo sie überdies keiner Konkurrenz durch andere Arten oder Bedrohungen durch Fressfeinde ausgesetzt sind. Auch das scheint auf die Quastenflosser zuzutreffen, denn die wenigen bisher gefangenen Exemplare stammen ausschließlich aus sehr wenigen und kleinen Gebieten vor der afrikanischen Küste und einer kleinen Region in der Nähe der indonesischen Insel Borneo.
Auch dass die Menschen die Quastenflosser einmal ausrotten könnten, ist eher unwahrscheinlich: Alle, die jemals einen gefangen und probiert haben, berichten, dass diese Fische nicht besonders gut schmecken.

Im Bild seht ihr eine Hunderte Millionen Jahre alte Versteinerung eines Quastenflossers. Foto: Parent Géry / wikimedia.de / CC BY-SA 3.0