Einheimisches Cannabis kommt auf den deutschen Markt

Der Großteil der Cannabisrezepte wird in Deutschland für Schmerzpatienten ausgestellt. Foto: privat

Gesundheit

Fünf Jahre ist es nun her, dass die Bundesregierung den Anbau von Cannabis in Deutschland auf den Weg brachte – für die Anwendung in der Medizin, versteht sich. Seit Juli sind nun die ersten Blüten auf dem Markt, die in der Bundesrepublik erzeugt wurden. Ein Meilenstein, denn zuvor mussten Apotheken ihren gesamten Cannabisbedarf aus dem Ausland importieren.

Der deutsche Markt ist zwar noch weit von einer vollständig legalen Cannabis-Wirtschaft entfernt, in der Sorten wie Jack the Ripper und Kryptonite enthusiastisch vermarktet werden. Aber dieser Schritt treibt die Entwicklung von Cannabis zu einem selbstverständlichen Handelsobjekt weiter voran. Zunächst einmal profitiert aber vor allem die Medizin.

Bestellung für Apotheken freigegeben

Seit dem 7. Juli 2021 können Apotheken Cannabisblüten aus deutschem Anbau bestellen. Das Monopol für den Vertrieb hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) dem Unternehmen Cansativa übertragen. Der Verkaufspreis von 4,30 Euro pro Gramm deckt nach Angabe der Behörde lediglich die Selbstkosten der Produktion.

Der Startschuss fiel später als geplant: Eigentlich war die erste einheimische Ernte schon für Ende 2020 erwartet worden. Aufgrund verschiedener Probleme zogen sich die Pilotprojekte aber länger hin als geplant. Schon in naher Zukunft könnte die Menge an deutschem Cannabis auf dem Markt weiter steigen, denn die erste Ernte von zwei weiteren Lieferanten steht noch aus.

Anwendung von medizinischem Cannabis

In Deutschland gibt es bislang keine genauen Vorschriften, die regeln, wann medizinischer Cannabis zur Anwendung kommt. Die Entscheidung obliegt im Wesentlichen dem behandelnden Arzt. Allerdings überprüft auch die Krankenkasse die Begründung für die Verschreibung. Wenn sie zu dem Schluss kommt, dass eine Behandlung mit Cannabis nicht sinnvoll ist, lehnt sie die Kostenübernahme ab.

Der Großteil der Cannabisrezepte wird in Deutschland für Schmerzpatienten ausgestellt. Sie machen gut zwei Drittel der Anwender aus. Einsatzgebiete sind unter anderem neuropathische Schmerzen, Gelenkprobleme oder Migräne. In der Regel werden aber zunächst andere Medikamente ausprobiert. Nur wenn diese nicht wirken, verschreibt der Arzt Cannabis. Außerdem wird Cannabis oft auch bei multipler Sklerose, ADHS und Depressionen verschrieben.

Die Wirkung von Cannabis ist aber nicht bei allen Anwendungsgebieten ausreichend untersucht. Häufig ist unklar, ob es tatsächlich zu einer Linderung der Beschwerden führt und ob dieser Effekt auch langfristig anhält. Aufgrund von Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Mundtrockenheit und Stimmungsschwankungen wägen Ärzte daher immer genau ab, ob ein Versuch mit Cannabis sinnvoll ist.

Aktuelle Forschungsergebnisse

Unterdessen schreitet die Forschung auf dem Gebiet weiter voran. Forscher der Universität von Tel Aviv veröffentlichten kürzlich eine klinische Studie zur Anwendung von Cannabis bei der Darmerkrankung Colitis ulcerosa. Sie stellten dabei eine Verbesserung der Symptome fest, ohne dass sich jedoch die Entzündungswerte verringerten.

Wissenschaftler aus den USA publizierten im März eine Untersuchung zu Cannabis bei posttraumatischen Belastungsstörungen. Sie stellten zwar eine gute Verträglichkeit der Behandlung mit Cannabis fest, fanden aber auch keine Belege für einen Nutzen. Das deutet darauf hin, dass bei diesem Krankheitsbild möglicherweise andere Therapien sinnvoller sind.

Die unterschiedlichen Ergebnisse zeigen, dass es noch erheblichen Forschungsbedarf bei medizinischem Cannabis gibt. Ungeachtet dessen sehen die meisten Ärzte die Verfügbarkeit von Cannabis aus deutschem Anbau positiv. Ihr Arsenal an Behandlungsmöglichkeiten ist damit um eine weitere Arznei erweitert.


Anzeige


Kleinanzeigen inserieren in der Zeitung


Medienberatung für gestaltete Anzeigen


Mediadaten Verlag Zeitung NRW Steinfurt