Früher, wenn Kinder nach ihrem Traumberuf gefragt wurden, waren die Antworten oft recht vorhersehbar. Bei den Jungen standen Berufe wie Astronaut oder Feuerwehrmann hoch im Kurs, während Mädchen sich häufig als Lehrerin oder Tierärztin sahen. Doch die beruflichen Vorbilder haben sich geändert. In einer Studie des Spielzeug-Herstellers Lego unter 3000 Kindern wollten fast ein Drittel YouTuber werden. Dieser Artikel beleuchtet, warum YouTuber oder Influencer ein so beliebtes Berufsziel ist und wie Eltern mit diesem Wunsch umgehen können.
Verdienst von Influencern wird überschätzt
Da Kinder und Jugendliche im Netz häufig nur die erfolgreichsten Influencer zu sehen bekommen, entsteht eine verzerrte Vorstellung vom Gehalt und Lebensstil als Influencer. Wenn man sich das Vermögen von Bibis Beauty Palace oder Pamela Reif anschaut, erscheint dieser Berufsweg als Weg zu Ruhm und Geld.
Doch der Verdienst eines Influencers steht in direktem Zusammenhang mit der Anzahl der Follower und variiert daher stark. Mega-Influencer verlangen oft mehr als 15.000 Euro pro Beitrag und erzielen Monatseinnahmen von rund 14.000 Euro.
Im Gegensatz dazu erhalten Nano-Influencer in der Regel zwischen 10 und 60 Euro pro Beitrag, was einem durchschnittlichen Monatsverdienst von ungefähr 1.300 Euro entspricht. In Deutschland sind mehr als 75 Prozent der Influencer entweder Nano- oder Micro-Influencer. Ihre Einnahmen reichen häufig gerade aus, um über die Runden zu kommen.
Influencer verkörpern das freie Leben
Ein weiterer Grund, weshalb Influencer eine solche Faszination auf junge Menschen ausüben, sind die veränderten Erwartungen an Arbeit. Vor allem die Generation Z ist mit der 40-Stunden-Woche im Büro nicht mehr zufrieden. Anstatt traditionellen Idealen zu folgen, strebt sie freie Entfaltung an. Für sie hat Selbstverwirklichung oft einen höheren Stellenwert als ein sicherer oder angesehener Job.
Viele Influencer verkörpern diese Vorstellungen von einem freien und selbstbestimmten Leben. Beispielsweise präsentieren Reise-Influencer, die beruflich um die Welt reisen, ein scheinbar müheloses Leben voller Abenteuer, Freiheit und unbegrenzter Möglichkeiten.
Allerdings wird oft übersehen, dass Influencer mit erheblichem Druck und Stress konfrontiert sind. Die permanente Erstellung von persönlichem Content macht es schwer, eine klare Trennung zwischen Arbeit und Privatleben zu finden. Das ist ein ernstzunehmender Risikofaktor für Burnout.
Kind will Influencer werden: Wie sollten Eltern reagieren?
Wenn Kinder den Wunsch äußern, Influencer oder YouTuber zu werden, sind viele Eltern wenig erfreut. Schließlich sind das keine Berufe mit formaler Ausbildung, die eine sichere berufliche Zukunft garantieren. Dennoch sollten Eltern Verständnis für die Wünsche ihrer Kinder zeigen.
Andererseits ist es wichtig, einen offenen Dialog zu führen und Kinder und Jugendliche über die Risiken und Anforderungen des Influencer-Daseins zu informieren. Schließlich bedeutet es nicht nur Glamour, sondern auch Druck, negative Kommentare und ein unbeständiges Einkommen. Eltern sollten ihre Kinder ermutigen, sich durch eigene Recherche ein realistisches Bild von den Herausforderungen zu machen.
Berufswunsch Influencer: Was steckt dahinter?
Ein wichtiger Schritt für Eltern ist auch, zu analysieren, was hinter den Berufswünschen ihrer Kinder steckt. Wo kommt die Faszination für Influencer her? Ist es die Möglichkeit der kreativen Entfaltung, die Faszination für Technik oder Begeisterung für ein bestimmtes Thema? Diese Komponenten lassen sich auch in anderen Berufsfeldern finden.
Fest steht außerdem: Digitale Medien sind eine Zukunftsbranche. Wenn Jugendliche Kenntnisse über Videoschnitt, Grafikdesign oder Bildbearbeitung erwerben, kann ihnen das durchaus berufliche Türen öffnen. Eine Ausbildung oder ein Studium zu absolvieren, kann sogar eine wichtige Grundlage dafür sein, mit guten technischen oder inhaltlichen Kenntnissen auf den sozialen Medien aufzutreten.
Außerdem ist ein guter Verdienst als Influencer nicht völlig unmöglich. 2022 war die Influencer-Marketing-Industrie schätzungsweise 15 Milliarden US-Dollar schwer. Sogar die virtuelle Influencerin Lil Miquela verdient rund zehn Millionen Dollar pro Jahr, obwohl sie nicht einmal existiert.
Realistische Perspektiven entwickeln
Der Wunsch, Influencer zu werden, ist heutzutage sehr verbreitet unter Kinder und Jugendlichen. Junge Menschen sind oft von den scheinbaren Vorteilen wie Ruhm und finanzieller Unabhängigkeit fasziniert, ohne die Herausforderungen des Influencer-Daseins vollständig zu erfassen. Eltern spielen eine entscheidende Rolle, um ihren Kindern zu einer realistischen Perspektive zu verhelfen. Sie sollten ihre Kinder ermutigen, ihre Talente und Interessen unabhängig von aktuellen Trends zu entdecken.