Wofür braucht man eigentlich ultrakalte Temperaturen?

Mittlerweile wurden verschiedene Methoden entwickelt, um Lebensmittel auf tiefste Temperaturen zu bringen Foto: privat

Technik

Bereits in der Schule lernt man es auf die Kommastelle genau: Der absolute Temperaturnullpunkt liegt bei -273,15° Celsius. Weiter nach unten geht es nicht, weder auf der Erde noch sonst irgendwo im Universum. Man muss nicht lange über den Nutzen von Kühl- und Eisschränken nachdenken.

Doch wozu soll es gut sein, noch niedrigere Temperaturen zu erzeugen? Tatsächlich ist die Sache mehr als bloße Spielerei der Wissenschaft. Die Lebensmittelindustrie etwa käme ohne ultrakalte Temperaturen heute kaum noch aus.

Wozu werden tiefste Temperaturen benötigt?

Wahrscheinlich haben sich die Wissenschaftler, die vor bald 150 Jahren erstmals extrem niedrige Temperaturen künstlich hergestellten, derlei Fragen noch nicht gestellt. Wie so oft kommt mit der Erfindung aber auch der Nutzen. So ist es auch in diesem Fall: Die Kryotechnik ist in der Lebensmittelindustrie gelebter Alltag. Denn sie ist eine der besten Methoden, um die Aktivität von Bakterien während der Herstellung und Verpackung auf ein Minimum zu reduzieren. Chemische Mittel sind dafür nicht erforderlich, allerdings in vielen Fällen der mithilfe der Vakuumtechnik hergestellte flüssige Stickstoff.

Schon die Absenkung der Temperatur auf einen Wert nahe dem Gefrierpunkt reduziert das Wachstum und die Aktivität von Bakterien deutlich. Unterhalb des Gefrierpunktes steht den Keimen kein flüssiges Wasser mehr für den Stoffwechsel zur Verfügung. Eine Stickstoffatmosphäre in Verpackungen nimmt den Bakterien darüber hinaus regelrecht die Luft zum Atmen. Das Schockfrosten sorgt gleichzeitig dafür, dass die Qualität der Lebensmittel erhalten bleibt.

Beim Absenken der Temperatur unter den Gefrierpunkt wird das verbliebene Wasser zu Eiskristallen. Diese sind besonders klein und gleichmäßig verteilt, wenn die Temperatur schnell und auf einen besonders tiefen Wert abgesenkt wird. Dies wirkt sich besonders produktschonend aus, was beim erneuten Auftauen sichtbar wird. Übrigens wirkt es sich in der Regel nicht auf die Produktqualität aus, wenn ein Lebensmittel nach dem Schockfrosten in der vergleichsweise milden Umgebung eines Gefrierfaches oder eines Eisschrankes gelagert wird. Allerdings darf die Kühlkette nicht unterbrochen werden. Taut das Produkt auf oder an, muss es verarbeitet oder entsorgt werden.

Wie werden Lebensmittel eigentlich schockgefrostet?

Mittlerweile wurden verschiedene Methoden entwickelt, um Lebensmittel auf tiefste Temperaturen zu bringen. Besonders effizient und unkompliziert ist Schnee aus Kohlendioxid, der auch Trockeneis genannt wird. Herstellen lässt sich der -79° C kalte Schnee durch atmosphärischen Druck. Anschließend lässt er sich in Containern oder Rührmischern einsetzen. Einige Anlagen verfügen auch über spezielle Düsen, die Trockeneis genau an die gewünschten Stellen transportieren. Übrigens kennt man Trockeneis auch aus der Veranstaltungstechnik: Auf der Showbühne oder der Tanzfläche im Club ist es ein gern verwendetes Mittel, um einen effektvollen Nebel entstehen zu lassen.

Wo genau werden Anlagen zum Schockfrosten benötigt?

Hier kann eine lange Liste aufgeführt werden, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.
· Gebäck und trockene Lebensmittel dürfen für den Erhalt ihrer Konsistenz keine Feuchtigkeit aus der Umgebungsluft aufnehmen. Schockfrosten ist hierfür eines der probatesten Mittel.

· Viele Milchprodukte sind nach der Herstellung sehr empfindlich. Die Qualität lässt sich durch das Schockfrosten schonen. Speiseeis wird außerdem durch die kryogene Technik gehärtet und Desserts werden stabilisiert.

· Meeresfrüchte und Fisch, die nicht küstennah gefischt und zeitnah nach dem Fang zubereitet werden, frostet man bereits auf dem Fangschiff. Damit haben Bakterien und Keime von vornherein keine Chance. Der in dieser Hinsicht eigentlich anfällige Fisch ist nach dem Einfrieren für die Keime unangreifbar und für viele Monate haltbar.

· Obst und Gemüse sind das vielleicht eindrucksvollste Beispiel für den Qualitätserhalt durch das Schockgefrieren. Beim gewöhnlichen Einfrieren leiden die Früchte so sehr, dass sie beim erneuten Auftauen matschig werden. Das schnelle Frosten hingegen sorgt dafür, dass Form, Textur und Geschmack bei vielen Früchten und Gemüsesorten weitgehend erhalten bleiben.

· Fleisch ist ähnlich anfällig für Bakterien wie Fisch. Wird es nicht sofort nach der Schlachtung verarbeitet, sorgt das Schockfrosten bei anschließend geschlossener Kühlkette für eine monatelange Lagerfähigkeit.

· Fertiggerichte wie Pizza, Pommes Frites, Kuchen und Torten sind ohne die Möglichkeit des Schockgefrierens nicht vorstellbar. Inzwischen werden sogar Qualitäten erreicht, die sehr dicht an frisch zubereitete Produkte heranreichen.

Wieso gibt es für den Hausgebrauch keine Schockfroster?

Schon Uroma hat immer wieder Lebensmittel eingefroren. Seither hat sich hinsichtlich der Möglichkeiten in der heimischen Küche vom Grundprinzip her nichts geändert. Und dies wird auch so bleiben, denn die Anlagen zum Schockfrosten sind nach wie vor sehr groß und energieintensiv. Auch die Kosten für eine solche Anlage würden sich niemals amortisieren, wenn diese nur für den Hausgebrauch angeschafft wird. Trotzdem kann jeder Privathaushalt von den Möglichkeiten, der hier beschrieben Technik profitieren. Denn die einmal schockgefrorenen Produkte können später auch im herkömmlichen Gefrierschrank gelagert werden, ohne dass die Qualität darunter leiden würde.


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