Energiepreisschock trifft regionale Wirtschaft

Dr. Fritz Jaeckel, Hauptgeschäftsführer der IHK Nord Westfalen. Foto: IHK

Wirtschaft

Münsterland/Emscher-Lippe-Region. Die durch den russischen Angriffskrieg ausgelöste Energiekrise mit ihren extremen Preissteigerungen belastet die Wirtschaft im Münsterland und in der Emscher-Lippe-Region immer stärker. Das zeigen die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage, die die IHK Nord Westfalen veröffentlicht hat.

„Nach einer kurzzeitigen Erholung im ersten Halbjahr 2022 spitzt sich die Lage jetzt zu, die Stimmung in den Betrieben ist spürbar pessimistischer geworden“, resümierte IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Fritz Jaeckel.

Die Geschäftserwartungen der Unternehmen sind auf ein Allzeittief gesunken. Nur fünf Prozent der Betriebe erwarten, dass ihre Geschäfte in den nächsten Monaten besser laufen, 55 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung. Dabei ist die aktuelle Lagebeurteilung im Saldo noch positiv: 31 Prozent bewerten ihre Lage als gut, für knapp 15 Prozent ist sie schlecht. Dennoch fällt der IHK-Konjunkturklimaindikator, der die aktuelle Geschäftslage und die Zukunftsaussichten der Unternehmen in einem Wert zusammenfasst, um 20 Punkte. Er liegt jetzt mit 76 Punkten auf einem ähnlichen Niveau wie zuletzt beim Ausbruch der Corona-Pandemie oder in der Finanzkrise 2009.

„Die beschlossenen Entlastungsmaßnahmen müssen jetzt sehr schnell bei den Unternehmen ankommen“, appelliert Jaeckel an Politik und Verwaltung. Für viele Betriebe hätten die hohen Gas- und Strompreise existenzbedrohende Ausmaße angenommen, zumal die Rücklagen schon in der Corona-Pandemie häufig aufgebraucht worden seien. Der Anteil der Unternehmen, die ihre Finanzlage als unproblematisch einstufen, ist seit Beginn des Jahres von 82 auf 61 Prozent gesunken: „Das Eigenkapital nimmt ab, die Liquiditätsengpässe nehmen zu“, fasst Jaeckel die Entwicklung zusammen.

Die massiv gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise sind für 80 Prozent der Unternehmen eine Bedrohung ihrer eigenen Geschäftsentwicklung und damit das zentrale Konjunkturrisiko für die Wirtschaft in Nord-Westfalen. „Der Energiepreisschock“, so Jaeckel, „ist in allen Branchen zu spüren“.

Selbst in der Bauwirtschaft, die lange Zeit als verlässliches Zugpferd der Konjunktur galt, ist die Stimmung deutlich schlechter geworden. Zwar bewerteten hier 96 Prozent der Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage weiter als befriedigend (65) oder sogar gut (31), doch rechnen 52 Prozent mit einer Verschlechterung in den kommenden Monaten. „Unter starkem Druck“ sieht Jaeckel die heimische Industrie, die er als Motor der regionalen Wirtschaft bezeichnete, aber derzeit im internationalen Vergleich „bedrohlich an Wettbewerbsfähigkeit verliert“. Nachdem sich die Situation bei den Lieferketten leicht entspannt habe, seien Auftragsbestände zwar besser abgearbeitet worden. „Gleichzeitig sieht sich aber jeder fünfte Industriebetrieb angesichts der massiv gestiegenen Energiekosten gezwungen, die Produktion herunterzufahren“, betont der IHK-Hauptgeschäftsführer. Mindestens ebenso große Sorgen bereitet dem IHK-Hauptgeschäftsführer angesichts der Kaufzurückhaltung aufgrund der gestiegenen Energiepreise der Handel. „Nicht ohne Grund“, so Jaeckel, „ist es der einzige Wirtschaftsbereich, in dem die Betriebe die nachlassende Inlandsnachfrage als größeres Konjunkturrisiko ansehen als die steigenden Energiepreise“.

Viele Unternehmen versuchen nicht nur mit der Weitergabe der erhöhten Preise die Energiekrise zu bewälti gen. Knapp die Hälfte der Betriebe (45 Prozent) haben bereits mit Effizienz- und Einsparmaßnahmen zur Reduktion des Energieverbrauchs reagiert. „Trotzdem dürfte sich das von hohen Unsicherheiten geprägte Umfeld ungünstig auch auf aktuelle Investitionsentscheidungen der Unternehmen in diesem Bereich auswirken“, befürchtet Jaeckel. Insgesamt ist der Anteil der Unternehmen, die ihre Investitionen erhöhen wollen von über 31 Prozent auf 19 gesunken.

Jaeckel hofft trotz der konjunkturellen Entwicklung auf eine weiterhin stabilisierende Wirkung des Arbeitsmarktes. „Angesichts des gestiegenen Fachkräftemangels versuchen viele Betriebe, ihre Mitarbeitenden auch in konjunkturellen Schwächephasen zu halten“, betont er. Immer noch wertet mehr als die Hälfte der Unternehmen (56 Prozent) den Mangel an Arbeitskräften als Risiko für ihre wirtschaftliche Entwicklung. Gleichzeitig ist aber der Anteil der Unternehmen, die neue Mitarbeitende einstellen wollen, im Vergleich zur vorherigen IHK-Umfrage von 28 auf 18 Prozent gesunken.


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