Wie weit kann man eigentlich sehen?

Wie weit kann man ohne Fernglas sehen? Die Bergkette am Horizont ist ungefähr 140 Kilometer entfernt. Foto: Martin Regensburg / wikipedia.de

Habt ihr euch schon einmal überlegt, wie weit ihr mit bloßem Auge – also ohne Fernglas oder Teleskop – gucken könnt? Das ist keine so einfache Frage, weil uns immer irgendwas die Sicht versperrt: In der Stadt stehen Häuser im Weg und in der freien Natur hindert uns vielleicht ein Baum, ein Hügel oder ein weit entfernter Berg daran, in noch weitere Ferne zu blicken.

Also müssten wir einen riesengroßen Platz finden, der in alle Richtungen völlig eben ist, auf dem kein Haus oder Baum steht, um herauszufinden, wie weit man mit bloßem Auge gucken kann. So einen Platz gibt es tatsächlich; dazu muss man einfach nur weit genug auf das offene Meer hinausfahren.

Aber leider: Selbst hier können wir nicht wirklich feststellen, wie weitman mit bloßem Auge blicken kann. Denn durch die Krümmung der Erdoberfläche verschwinden ab einer Entfernung von fünf Kilometern alle Dinge allmählich hinter dem Horizont. Auf der Erde lässt sich die Frage anscheinend also nicht beantworten.

Also bietet sich als nächs­tes der Blick in den Himmel an. Hier sehen wir als nächstgelegene Himmelskörper Mond und Sonne. Der Mond ist 384.400 Kilometer von uns entfernt, die Sonne sogar 150 Millionen Kilometer. Diese gewaltigen Entfernungen geben uns den Hinweis, dass wir natürlich immer genau so weit blicken können, wie das Objekt entfernt ist, dessen Lichtstrahlen wir hier auf der Erde gerade noch sehen können.
Sicher habt ihr schon einmal von der Lichtgeschwindigkeit gehört? Das Licht bewegt sich mit ungefähr 300.000 Kilometern in der Sekunde durchs Weltall. Nichts, das wir kennen, kann sich schneller bewegen. In einer einzigen Sekunde könnte ein Lichtstrahl siebeneinhalb Mal die Erde umkreisen, so schnell ist das Licht.

Die Sonne ist so weit von uns entfernt, dass ihr Licht etwa 8 Minuten und 19 Sekunden zu uns unterwegs ist. Aber wir können natürlich noch viel weiter sehen, als nur bis zur Sonne. Denn andere Sterne, die genauso groß und hell sind wie unsere Sonne, können wir sogar noch erkennen, wenn sie so weit entfernt sind, dass ihr Licht 60 Jahre zu uns braucht. Man sagt auch, dass sie „60 Lichtjahre“ entfernt sind.

Wenn wir Sterne sehen wollen, die noch weiter entfernt sind, müssen sie heller oder größer sein als unsere Sonne. Aber auch das Licht sehr gro­ßer und heller Sterne wird für unsere Augen immer schwächer, je weiter sie entfernt sind. Denn ein Stern strahlt sein Licht in alle Richtung ab und daher fächert sich das Licht immer weiter auf, je weiter der Stern entfernt ist: Darum erscheint uns ein Stern nicht nur halb so hell, wenn er doppelt so weit entfernt ist, sondern sogar nur noch ein Viertel so hell.
Der vielleicht weitest entfernte Stern am Himmel, den wir mit bloßem Auge gerade noch am Nachthimmel sehen können, liegt im Sternbild Kassiopeia. Ganz unromantisch „V762 cas“ haben die Astronomen ihn genannt und er ist etwa 15.000 Lichtjahre von uns entfernt – sein Licht braucht also 15.000 Jahre, bevor es uns erreicht.

Ab ungefähr dieser Entfernung wird das Licht von einzelnen Sternen zu schwach, dass wir es noch ohne Fernrohr beobachten könnten. Trotzdem gibt es Objekte am Himmel, die mit bloßem Auge sichtbar und die noch weiter entfernt sind. Das sind zum Beispiel „Sternhaufen“, Ansammlungen hunderttausender Sterne, oder ganze Galaxien mit vielen Hundert Milliarden Sternen, wie unsere eigene Milchstraße.
Das am weitest entfernte Objekt, das wir unter allerbesten Bedingungen gerade noch mit bloßem Auge am Himmel sehen können, ist solch eine Galaxie. Sie trägt den Namen Dreiecksnebel und liegt im Sternbild Dreieck.
Etwa 2,8 Millionen Lichtjahre ist diese Galaxie von uns entfernt, – so weit, dass uns ihr Licht nur als winzig kleiner, verwaschener, nebliger Fleck erreicht.