Wie kann Luft wie ein Spiegel sein?

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(hp) Bereits tagelang irrt er in der glühend heißen Wüste umher, da erblickt der Verdurstende in der Ferne plötzlich eine Oase. Mit letzter Kraft eilt er dem rettenden Wasser entgegen – und erreicht es doch nie: Denn je näher er dem Trugbild kommt, umso mehr löst es sich in der flirrend heißen Luft in Nichts auf.

Solch eine Erscheinung kennen wir unter dem Namen Fata Morgana. Aber trotzdem der Verdurstende seine Oase nicht gefunden und sich das Bild vor seinen Augen aufgelöst hat: Die Oase existiert, es gibt sie wirklich. Die Fata Morgana hat den Verirrten lediglich über den Ort getäuscht, an dem sich die Oase tatsächlich befindet. Denn was der Verdurstende gesehen hat, war das Spiegelbild der Oase. Und die lag leider viel weiter entfernt, als das in der Luft gespiegelte Abbild ihn hoffen ließ.

Eine Fata Morgana beruht also nicht auf der Einbildung des Betrachters oder einer optischen Täuschung. Die Fata Morgana ist ein physikalischer, genauer gesagt ein optischer Effekt.

Sehr vereinfacht erklärt, zeigt eine Fata Morgana das Spiegelbild von Dingen, die in Wirklichkeit weit hinter dem Horizont liegen. Darum nennt man sie auch eine „Luftspiegelung“.
Unter normalen Bedingungen sind Dinge hinter dem Horizont wegen der Krümmung der Erde für einen Betrachter natürlich nicht sichtbar. Durch das Spiegelbild entsteht nun aber der Eindruck, dass die rettende Oase vor dem Horizont und damit viel näher liegt als es wirklich der Fall ist.
Wie durchsichtige Luft etwas widerspiegeln kann, scheint nur auf den ersten Blick schwierig zu verstehen. Denn eine Fata Morgana funktioniert ganz ähnlich wie die Spiegelung auf einer Wasseroberfläche. Wenn ihr zum Beispiel vom Ufer aus auf einen still daliegenden See oder Teich blickt, spiegelt sich auf seiner glatten Oberfläche das gegenüberliegende Ufer, trotzdem klares Wasser ja eigentlich auch durchsichtig ist.

Zu solch einer Spiegelung wie bei dem Beispiel des Sees oder Teiches kommt es immer dann, wenn Lichtstrahlen auf die Grenzflächen durchsichtiger, aber verschiedener Materialien treffen – so wie die „Grenze“ zwischen dem Wasser und der Luft.

Man kann auch sagen, dass Wasser und Luft eine unterschiedliche „optische Dichte“ haben.
Und unter ganz bestimmten Umständen kann so eine Spiegelung wie zwischen Wasser und der Luft aber auch nur in der Luft auftreten, obwohl es sich bei der Luft ja um ein und dasselbe „Material“ handelt.

Dazu muss die Luft aber zuerst einmal sehr heiß werden – wie zum Beispiel in einer Wüste.

Nachdem die Sonne morgens aufgegangen ist, brennt sie auf den Wüstenboden und heizt ihn auf. Der Boden erhitzt dann langsam die unmittelbar darüber liegende Luftschicht.
Normalerweise dehnt sich heiße Luft aus, wird dadurch leichter und steigt nach oben.

Ist es aber absolut windstill, bleibt über der glühend heißen Luftschicht weiter oben eine kühlere Luftschicht liegen. Diese verhindert nun wie ein Deckel, dass die heiße Luft aufsteigen kann. Die Luft am Boden wird immer heißer und heißer. Jetzt bildet sich eine scharfe Grenze zwischen der glühend heißen und leichten Luftschicht am Boden und der kalten, schweren und dichten Luftschicht darüber.
Nun liegen zwei optisch unterschiedlich dichte Schichten Luft aufeinander und an deren Grenzfläche können sich, genau wie auf einem Teich, entfernte Dinge spiegeln.

Zum Beispiel eine Oase.