Warum kocht Wasser in einem Topf mit Deckel schneller?

Wenn ein Deckel auf dem Topf liegt, kocht das Wasser schneller. Foto: Podszun

(hp) „Deckel auf den Topf, dann kocht das Wasser schneller!“ – so lautet eine Binsenweisheit unter den Küchentipps. Und jeder glaubt zu wissen, warum das so ist. Aber falsch gedacht! Denn nicht etwa, weil der Deckel die Hitze im Topf hält, kocht das Wasser schneller.

 

Um Wasser in einem Topf zum Kochen zu bringen, muss man über die Herdplatte Energie – also Wärme – zuführen. Ein guter Teil dieser Wärme geht aber bereits wieder verloren, noch bevor das Wasser kocht.
Ein Teil wird zum Beispiel über die Außenfläche des Topfes als Wärmestrahlung in den Raum abgegeben. Ein anderer Teil geht als Wärmestrahlung über die Wasseroberfläche im Topf selbst verloren. Um zumindest diesen Teil des Energieverlustes über die Wasserfläche zu verringern, könnte man auf die Idee kommen, einen Deckel auf den Topf zu legen. Im Prinzip ist das zwar eine gute Idee – aber die Hitze hält der Deckel trotzdem nicht im Topf zurück: Denn schon nach kurzer Zeit wird er ebenfalls sehr heiß und gibt die Energie als Wärmestrahlung dann über seine Außenfläche in den Raum ab. Und ob diese Strahlung nun von der Wasseroberfläche oder der Außenseite des Deckels abgegeben wird, ist natürlich egal.

Das Geheimnis, warum ein Deckel auf dem Topf das Wasser trotzdem schneller kochen lässt, liegt in dem Teil der zugeführten Energie verborgen, die gebraucht wird, um einen Teil des Wassers in Dampf zu verwandeln.
Schon bevor das Wasser im Topf sprudelnd kocht, kann man beob­achten, wie von der Oberfläche Dampfschwaden aufsteigen. Um Wasser in Wasserdampf zu verwandeln, braucht es aber sehr viel Energie. Diese Energie geht beim Vorgang des Verdampfens nicht verloren, sondern ist im Wasserdampf „gespeichert“. Denn ganz genau die gleiche Menge an Energie, die notwendig war, das Wasser in Dampf zu verwandeln, wird wieder frei, wenn der Dampf „kondensiert“ – also wieder zu Wasser wird, wenn er sich zum Beispiel an einer kühlen Fläche niederschlägt.

Die Energie, die man dem Wasser für das Verdampfen zufügen muss, nennt man in der Physik die „Verdampfungswärme“. Die Energie, die beim Kondensieren wieder abgegeben wird, heißt „Kondensationswärme“.

Legt man nun keinen Deckel auf den Topf, steigt der Dampf ungehindert auf und schlägt sich zum Beispiel an den kühlen Küchenfliesen nieder, an denen nun schon bald erste Tropfen herab­rinnen werden. Damit ist die dem Wasser im Topf zugeführte Verdampf­ungswärme als Kondensationswärme übergegangen auf die Küchenfliesen und die Raumluft – und dem Topf verloren gegangen.

Legt man aber einen Deckel auf, kann der Dampf nicht mehr entweichen und muss an der Innenseite des Deckels kondensieren. Damit gibt der Dampf die vorher aufgenommene Verdampfungswärme als Kondensationswärme im Inneren des Topfes wieder ab. Das Wasser tropft zurück, der Kreislauf ist geschlossen. Kein Wasserdampf hat den Topf verlassen und daher sind die Verdampf­ungs- und Kondensa-tionswärme im Inneren des Topfes gefangen geblieben.
Diese im Topf so erhalten gebliebene Wärme ist es, die dem Wasser bis zum Kochen nicht mehr zusätzlich zugeführt werden muss – und darum kocht Wasser in einem Topf mit Deckel schneller.