Das größte Rätsel unserer Zeit: die Schwerkraft

Weil ihm ein Apfel auf den Kopf fiel, begann der englische Naturwissenschaftler Isaak Newton (1643 - 1727) darüber nachzudenken, ob der Fall eines Apfels von einem Baum auf den gleichen Naturgesetzen beruht, wie die Bewegung der Planeten am Himmel.

(hp) Die Wirkung der Schwerkraft, auch Anziehungskraft oder Gravitation genannt, kann jeder selbst beobachten – im kleinsten Maßstab wie auch im allergrößten: Denn ob es ein Apfel ist, der gezogen von der Gravitation der Erde in eurem Garten zu Boden fällt, ob ihr am Himmel den Mond beobachtet, wie er um die Erde kreist und dadurch Ebbe und Flut verursacht, oder ob es die weit entfernten Planeten sind, die auf ihren Bahnen um die Sonne ziehen – all diese Bewegungen und Vorgänge werden von der Gravitation bestimmt.

Aber die Gravitation wirkt sogar noch weit über die Grenzen unseres „kleinen“ Sonnensystems hinaus: Von ihrer Kraft in Bahnen gezwungen, kreisen die etwa 300 Milliarden Sterne unserer 100.000 Lichtjahre im Durchmesser großen Heimatgalaxie um ein gemeinsames Zentrum.

Und sogar noch über viel größere Entfernungen wirkt die Gravitation: Etwa 2,5 Millionen Lichtjahre sind zum Beispiel unsere Heimatgalaxie, die Milchstraße, und die Andromeda-Galaxie voneinander entfernt – und doch ziehen sie sich gegenseitig an und rasen mit einer Geschwindigkeit von über 400.000 Kilometern in der Stunde aufeinander zu. Aber keine Sorge: Wegen der unglaublich großen Entfernung zwischen ihnen werden die beiden Galaxien erst in 10 Milliarden Jahren zusammenstoßen.

Von einer solchen Kraft, die über schier unendliche Entfernungen ganze Galaxien in Bewegung setzen kann, würden wir normalerweise erwarten, dass sie unvorstellbar stark ist. Aber genau das Gegenteil ist der Fall: Im Vergleich zu allen anderen physikalischen Kräften ist sie die mit weitem Abstand schwächste, die wir kennen.

Wie schwach die Schwerkraft tatsächlich sein muss, könnt ihr durch einfaches Nachdenken selbst erkennen: Denn dazu braucht ihr euch nur vor Augen zu führen, wie mühelos es euch möglich ist, der Anziehungskraft eines ganzen, riesigen Planeten, nämlich der unserer Erde, zu widerstehen. Leichtfüßig können wir auf ihr umherlaufen und sogar problemlos in die Luft hüpfen.

So unfassbar schwach ist die Gravitation, dass es den Wissenschaftlern nicht einmal mit den modernsten und empfindlichsten Laborinstrumenten gelingt, ihre Stärke ausreichend genau nachzumessen. Zum Vergleich: Andere physikalische Größen können Wissenschaftler im Labor tausendfach genauer bestimmen.

Nur weil Objekte wie zum Beispiel der Mond, die Erde, die Sonne oder die Galaxien so groß und massereich sind, verursachen sie überhaupt erst Gravitationskräfte, die ausreichend stark sind, dass wir Menschen sie spüren oder beobachten können.

Wenn die Wissenschaftler ehrlich sind, können sie noch nicht einmal erklären, worin die Gravitation ihre Ursache hat oder wie ihre Wirkung – die Anziehung zwischen den Körpern – übertragen wird. Und noch viel weniger kennen sie den Grund, warum die Gravitation im Vergleich zu allen anderen physikalischen Kräften so verschwindend schwach ist.

Könnten die Wissenschaftler Antworten auf diese Fragen finden, dann wäre es ihnen vielleicht sogar möglich, die lang gesuchte „Weltformel“ zu finden: eine Formel, die alle uns bekannten physikalischen Phänomene erklären und auf eine ihnen allen gemeinsame Ursache zurückführen kann. Bis dahin aber bleibt die Schwerkraft eines der größten, wenn nicht sogar das größte, ungelöste Rätsel der Physik.