Welches ist die richtige Zeit?

Auf der Zeichnung erkennt ihr die mit Gradzahlen versehenen Längengrade. Jeweils 15° entsprechen einem Zeitunterschied von einer Stunde. Das heißt, dass wegen der Drehung der Erde die Sonne von Ost nach West betrachtet je Längengrad jeweils eine Stunde später aufgeht. Bild: Pearson Scott Foresman

(hp). Um 3 Uhr in der Nacht von Samstag auf Sonntag werden die Uhren um eine Stunde von der Sommerzeit auf die Winterzeit zurückgestellt. Statt „Winterzeit“ sollte man aber lieber „Normalzeit“ sagen, denn die Normalzeit ist angelehnt an die Ortszeit – auch Sonnenzeit genannt.

Und diese wiederum kommt dem am nächsten, was man unter einer „richtigen“ Zeit verstehen würde. Klingt ganz schön kompliziert – aber was ist das: eine „richtige“ Zeit? Und gibt es die überhaupt? Genau genommen haben jeweils alle Orte, die auf dem selben Längengrad auf unserer Erde liegen, ihre eigene, sogenannte „Ortszeit“, die wiederum der Sonnenzeit entspricht.

Als Längengrade bezeichnet man gedachte, gerade Linien, die vom Nordpol unseres Globus‘ direkt zum Südpol verlaufen.Da sich die Erde einmal am Tag um sich selbst dreht, geht die Sonne auf verschiedenen Längengraden zu verschiedenen Zeiten auf. Wenn wir zum Beispiel bei uns im Münsterland gerade den Sonnenaufgang beobachten können, dann ist sie weiter östlich – zum Beispiel in Berlin – wegen der Erddrehung bereits zwanzig Minuten früher aufgegangen.

Erreicht nun die Sonne von einem bestimmten Ort beobachtet im Lauf des Tages ihren höchs­ten Stand am Himmel, dann ist es dort nach der Orts- oder Sonnenzeit ganz genau Mittag. Würde man sich nun im Münsterland und in Berlin – oder auch in allen anderen Orten auf der Welt – ausschließlich nach der eigenen Ortszeit richten, dann wäre es unglaublich schwierig, zum Beispiel Fahrpläne für Züge oder Flugzeuge zu schreiben oder auch sich einfach nur zu verabreden. Denn flöge man zum Beispiel um 12 Uhr Mittags Ortszeit vom Flughafen in Greven nach Berlin und würde der Flug theoretisch genau eine Stunde dauern, dann käme man in Berlin nicht etwa wie erwartet um 13 Uhr an, sondern nach der dortigen Ortszeit erst um 13.20 Uhr. Denn ihr erinnert euch: In Berlin geht die Sonne ungefähr 20 Minuten früher auf als bei uns und deshalb wäre es nach der dortigen Orts- oder Sonnenzeit immer zwanzig Minuten später als nach unserer Ortszeit.

Um dieses Problem zu lösen, hat man schon im 19. Jahrhundert wegen des Aufkommens der Eisenbahn damit begonnen, die Ortszeiten in Europa durch eine gemeinsam gültige Zeit zu ersetzen. Heute nennt man diese Zeit die „Mitteleuropäische Zeit“, abgekürzt MEZ. Diese gilt für fast alle europäischen Länder von Polen im Osten bis Spanien im Westen. Hier gilt – unabhängig davon, wie der Stand der Sonne jeweils ist – die gleiche Zeit. Da diese Zeitzone sehr groß ist, ergeben sich von Osten nach Wes­ten große Unterschiede zur Sonnenzeit: So ging heute am Samstag die Sonne nach der Mitteleuropäischen Zeit in der polnischen Hauptstadt Warschau schon um 7.16 Uhr auf, in Münster um 8.09 Uhr und im noch viel weiter westlich gelegenen Madrid, der Hauptstadt Spaniens, erst um 8.35 Uhr.

Wir hier in Deutschland haben übrigens Glück: Da wir ziemlich mittig in der Mitteleuropäischen Zeitzone liegen, stimmen bei uns die Sonnenzeit und Ortszeit gut mit der Mitteleuropäischen Zeit überein. Bei uns steht die Sonne um 12 Uhr der Normalzeit tatsächlich fast genau an ihrem höchsten Punkt am Himmel.