Welches ist die älteste Stadt der Welt?

Er sieht nicht spektakulär aus, der Schütthügel auf dem Bild oben. Tatsächlich aber besteht er aus den Überresten der „Zikkurat“, dem Tempelturm von Eridu. Damals vor über 7.000 Jahren war der Turm das wahrscheinlich größte, bedeutendste und beeindruckendste Gebäude der ganzen Welt. Foto: Ltybcc1 / wimideia.org / CC BY-SA 3.0

(hp). Welches ist die älteste Stadt der Welt? Bevor wir diese Frage beantworten können, müssen wir uns natürlich darüber einigen, was wir unter einer „Stadt“ verstehen und was sie zum Beispiel von einem großen Dorf unterscheidet. Wissenschaftler haben versucht, festzulegen, was zu einer echten Stadt gehört und sich auf einige grundsätzliche Dinge geeinigt.

 

 

Demnach müssen in einer Stadt – erstens – viele Menschen auf einem verhältnismäßig engem Raum wohnen. Es müssen so viele Menschen sein, dass sie sich von den Äckern, die ihre Siedlung umgeben, allein nicht mehr ernähren können. Sie müssen darum Nahrung aus weiter entfernten Regionen kaufen oder eintauschen, wozu – zweitens – Handelswege nötig sind. Diese müssen in der Stadt zentral zusammenlaufen, etwa auf einer Art Marktplatz oder zumindest einer großen Straßenkreuzung. 

Eine Stadt braucht – drittens – sogenannte „kommunale“ Einrichtungen – Gebäude also, die für alle Bürger von Nutzen sind wie zum Beispiel Tempel oder Verwaltungsgebäude. Zum Schutz gegen Feinde soll – viertens – eine Mauer die Stadt umgeben. Oft wird zudem gefordert, dass die Bewohner dieser Stadt – fünftens – über eine Schrift verfügen müssen, dank der sie Aufzeichnungen zu Verwaltungszwecken machen können.

Eine der ältesten Siedlungen, die Ärchäologen entdeckt haben und die einige der obigen Merkmale erfüllt, ist Jericho in Palästina. Die ersten Spuren menschlicher Bewohner reichen rund 12.000 Jahre zurück und rund 10.000 Jahre alt sind die Reste einer Mauer, die man hier gefunden hat. Zu dieser Zeit haben hier geschätzt 3.000 Menschen gelebt. Forscher haben auch Reste von Gebäuden gefunden, die nicht als Wohnhäuser gedient haben können und womöglich von den Bürgern als Tempel oder zu anderen Zwecken genutzt wurden.  Allerdings, so vermuten einige Wissenschaftler, wurde die Mauer vielleicht nicht als Stadtmauer errichtet. Vielmehr könnte diese Mauer ein Schutz gewesen sein vor Geröll- und Schlammlawinen, die in dieser Region nach starken Regenfällen auch heute noch auftreten können. Und so ist es zweifelhaft, ob Jericho tatsächlich als echte und damit älteste Stadt angesehen werden kann.

Sicher sind sich die Wissenschaftler aber im Fall der „Stadt“ Eridu am Persischen Golf im heutigen Irak. Die Stadt wurde etwa um das Jahr 5.400 vor unserer Zeitrechnung gegründet – also vor etwa 7.400 Jahren.
Eine Mauer umgab die Stadt und es gab zahlreiche Tempel. Auch für einen regen Handel mit dem Umland und sogar weit entfernten Regionen gibt es Beweise: So wurde in der Stadt eine sehr spezielle Art von Keramik hergestellt, die teils sehr weit entfernt von der Stadt Eridu in gro­ßen Mengen gefunden wurde und nur über den Handel dorthin gelangt sein kann. Auch eine Schrift – die sogenannte Keilschrift – kannten die Bürger der Stadt bereits.

Die Bewohner zählten zum Volk der Sumerer, in deren eigenen Mythen die Stadt Eridu als die älteste der Welt und ihre Gründung als der Beginn der Geschichte bezeichnet wird. Es scheint den Stadtbewohnern also damals schon bewusst gewesen zu sein, dass ihre Stadt etwas Besonderes war. Noch heute sind Überreste der Stadt gut zu erkennen. So bildet ein großer Schuttberg die Überreste der „Zikurat“ von Eridu. Eine Zikkurat ist ein sehr großer, in Stufen angelegter Tempelturm. Möglicherweise war solch eine Zikkurat, vielleicht sogar die von Eridu, Vorbild für die biblische Geschichte des Turmbaus zu Babel.

Autor: Holger Podszun