Der Narwal

Nur männliche Tiere tragen den charakteristischen Stoßzahn der Narwale. Bei dem Stoßzahn handelt es sich um einen der beiden Eckzähne des Oberkiefers. Einer dieser Zähne durchstößt die Oberlippe und wächst bis zu einer Länge von drei Metern heran. Foto: Glenn Williams / public domain

Tier des Monats

(hp). Hoch im Norden im Polarmeer, dicht an der Packeisgrenze, leben die Narwale. Bekannt sind diese Tiere vor allem wegen ihres beeindruckenden Stoßzahnes, der bis zu drei Meter lang werden kann. Kein anderer Wal verfügt über ein ähnliches Merkmal.

Allerdings wächst in der Regel nur männlichen Narwalen solch ein Stoßzahn.Vier bis fünf Meter lang wird ein Narwal – der Zahn nicht mitgerechnet; die Männchen wiegen ausgewachsen etwa anderthalb Tonnen, die Weibchen rund eine Tonne. Durchschnittlich 40 Jahre alt können die Tiere werden.

Die Narwale ernähren sich von Fischen, Krebsen und Tintenfischen. Sie fangen ihre Beute, indem sie diese in ihr Maul einsaugen und unzerkaut verschlucken – denn außer dem großen Stoßzahn, haben Narwale keine weiteren Zähne.
In den Wintermonaten halten sich die Tiere meist in der Nähe der Küste in flachen Buchten auf und suchen ihre Beute am Meeresgrund. Im Sommer ziehen sie auf das offene Meer hinaus; bis zu 1.500 Meter tief tauchen die Wale hier dann auf der Jagd nach ihrer Beute. Im Winter versammeln sich die Narwale zu kleinen Gruppen von bis zu 20 Tieren. Manche dieser Gruppen bestehen ausschließlich aus jungen männlichen Tieren, andere Gruppen aus einem Männchen sowie mehreren Weibchen mit ihren Kälbern.

Wenn die Wale im Sommer auf dem offenen Meer umherziehen, schließen sich die kleinen Gruppen zu großen Herden zusammen und können dann bis zu 1.000 Tiere zählen. Lange Zeit war den Wissenschaftlern ein Rätsel, wofür die Tiere ihren langen Stoßzahn einsetzen. Vermutet wurde zum Beispiel, dass die Tiere damit Atemlöcher in das Packeis stoßen oder dass die Männchen ihren Zahn bei Rangordnungskämpfen einsetzen.

Mittlerweile hat man herausgefunden, dass der Stoßzahn bis zu 10 Millionen Nervenstränge enthält und der Narwal den Zahn als empfindliches Sinnesorgan einsetzen kann, mit dem er zum Beispiel Wasserdruck, Temperatur oder Salzgehalt erfassen kann. Im Mittelalter waren die Zähne der Narwale ein sehr begehrtes Handelsgut. Das erste Mal tauschten wohl Wikinger Stoßzähne bei ihren Handelsgeschäften mit grönländischen Inuit im frühen Mittelalter, im 11. oder 12. Jahrhundert ein und brachten sie auf ihren Fahrten nach Europa. Da die Menschen damals noch nie einen Narwal gesehen hatten, hielten sie die Stoßzähne für das Horn eines der sagenhaften Einhörner. 

Einem Pulver aus dem zermahlenem Horn eines „Einhornes“ schrieb man Heilkräfte gegen die Pest zu. Wer aus einem Becher trinkt, der aus einem solchen Horn gearbeitet ist, soll vor Gift geschützt sein, nahm man damals an
Darum hatten die Stoßzähne damals einen ganz fantastischen Wert: Wer einen solchen Zahn besitzen wollte, musste bis zum zwanzigfachen des Zahngewichtes in Gold dafür bezahlen. Zwischen acht und zehn Kilo wiegt der Zahn eines ausgewachsenen Narwales, sodass er damals bis zu 200 Kilo Gold wert war. Nach aktuellem Goldwert wären das heute 7 Millionen Euro – für ein einziges Horn!
Dieser Preis verfiel allerdings sehr schnell, als europäische Seefahrer auch die Meere am Polarkreis besuchten und erforschten und man schließlich im Jahr 1638 erkannte, dass es sich bei den vermeintlichen Einhorn-Hörnern um die Stoßzähne der Narwale handelte.