Möhrke und Schilling buhlen um das Vertrauen der Wähler

Lengerich

Lengerich. Am 13. September setzten sich Björn Schilling (SPD, 25,0 %) und Wilhelm Möhrke (parteilos, 39,4 %) im ersten Wahlgang der Bürgermeisterwahl gegen Manfred Kleine Niesse und Dieter Teepe durch.

 

Da sowohl Schilling als auch Möhrke nicht die benötigte absolute Mehrheit erreichten, treten Sie am kommenden Sonntag (27. September) zur Stichwahl an. Der Kandidat, der dann die meisten Stimmen auf sich vereinen kann, bekleidet in den nächsten fünf Jahren als Nachfolger von Friedrich Prigge das Amt des Bürgermeisters. „Wir in...“ hat mit beiden Kandidaten über ihre Ideen und Themen gesprochen. Egal, für wen sich die Leser der „Wir in...“ entscheiden: Es wäre wünschenswert, wenn viele Bürger ihr Wahlrecht wahrnähmen!

2015 37 bjoern schillingBjörn Schilling

Wir in...: Was sind die ersten Projekte, die Sie im Falle eines Wahlsieges als Bürgermeister anpacken würden?

Schilling: Da ist die Umsetzung der Gesamtschule. Wir haben einen einstimmigen Ratsbeschluss und ein deutliches Votum der Eltern zur Gesamtschule. In meinen Augen gibt es keine Alternative. Die Signale von der Bezirksregierung sind eher positiv, laut Verwaltung.

Wir in...: Werden andere Projekte durch den Bau und die Finanzierung der Gesamtschule benachteiligt? Die Unterbringung der Flüchtlinge sei hier als Beispiel genannt.

Schilling: Wir können Menschen aus Kriegsgebieten nicht abweisen. Ich bin zutiefst erschüttert, was ich dort für Bilder sehen muss. Dennoch darf es nicht heißen „Geben wir das Geld jetzt für die Flüchtlinge aus oder für Kinder, Jugendliche oder Senioren?“. Das muss sich immer die Waage halten.

Wir in...: Herr Möhrke hat erklärt, dass er den Ratsbeschluss zur Gesamtschule hinterfragt.

Schilling: Ob das wirklich gut für Lengerich ist, wage ich zu bezweifeln. Die Kosten von 8,9 Millionen Euro sind zwar da, wir müssten aber ohnehin bei den betroffenen Schulen aufgrund notwendiger Modernisierungen viel Geld investieren. Die Gesamtschule ist der Wille der Bürger – und den sollten wir ernst nehmen und umsetzen. Im Zweifelsfall ist es auch Aufgabe des Bürgermeister, fünf Busse zu organisieren, um mit den Eltern zur Bezirksregierung zu fahren, um das Anliegen zu verbildlichen.

Wir in...: Was haben Sie für die Innenstadt auf Ihrer Agenda stehen?

Schilling: Beispielsweise die Bekämpfung der Leerstände. Ich kann jeden Immobilienbesitzer verstehen, der lieber einen Handyladen als Mieter hat als gar keinen; für das Stadtbild ist das allerdings nicht so optimal. Es geht darum, die Situation für Geschäftsinteressenten dauerhaft attraktiver zu gestalten. Außerdem muss die Innenstadt familienfreundlicher werden. Mir fehlen mehr Grünpflanzen und auch Spielgeräte. Der Generationenpark ist gut, wird meiner Meinung nach nicht perfekt ausgenutzt. Es sollte kein Problem sein, für die kleinen Kinder eine Rutsche, eine Schaukel oder ähnliche Dinge zu integrieren.

Wir in...: Wie sieht es mit Ihren Zielen zur Verbesserung der Angebote für Jugendliche in Lengerich aus? Was kann man da noch machen – oder gibt es nur das eine Thema „Skater-Anlage“?

Schilling: Wir sind in der Verpflichtung, in der Gempt-Halle mehr zu machen. Wenn wir alle drei Monate eine Veranstaltung auf die Beine stellen, wäre es ja schon mehr, als wir heute haben. Die Skater-Anlage sehe ich auch als Treffpunkt für die Kids. Und wenn man mit den Jugendlichen spricht, bekommt man es organisiert, dass sie auf Beerdigungen Rücksicht nehmen. Manche sagen, wir bräuchten mehr Parkplätze; ich meine, wir brauchen mehr Plätze wo die Jugendlichen sich treffen können.

Wir in...: Welche Themen möchten Sie anpacken, die speziell die Senioren betreffen?

Schilling:  Zum Beispiel die Frage, wie müssen die Bürgersteige beschaffen sein, sodass die Senioren mit Rollator oder Elektrofahrzeug ohne Hindernis von A nach B kommen können!? Oder der Friedhof: Ich denke, dass wir da mal mit der Kirchengemeinde sprechen sollten, um den Menschen einen unbeschwerlicheren Weg zu den Gräbern zu ermöglichen, selbst wenn sie mit Gehstock oder Rollator unterwegs sind.

Wir in...: Nach außen wirkt es ja manchmal so, als hätten parteigebundene Bürgermeister eher einen Draht zu Politikern auf Kreis-, Landes- oder Bundesebene. Ist dem wirklich so?

Schilling: Ja, als Parteimitglied kann ich im Bedarfsfall schneller die richtigen und wichtigen Kontakte bekommen.

Wir in...: Verwaltungsarbeit als Bürgermeister würde bedeuten, sehr viele Mitarbeiter zu führen. Wäre dies neu für Sie?

Schilling: Nein. Ich bin heute Serviceleiter bei Garant. Garant hat über 100 Angestellte und ich denke, dass ich Projekte und Ideen gut umsetzen und managen kann. Auf jeden Fall sagt das mein Chef bei Garant immer zu mir.

Wir in...: Wie stehen Sie zum Thema „Mehr Bürgerbeteiligung“?

Schilling: Das haben wir von der SPD, gemeinsam mit den Grünen, seinerzeit schon mal sehr erfolgreich gemacht.  Es wurden Planungszellen mit Lengericher Bürgern initiiert, aus denen dann die neue Nutzung der heutigen Gempt-Halle hervorging. Es kann nicht verkehrt sein, wenn wir als Politiker die Bürger mit einbeziehen.

2015 37 wilhelm moehrkeWilhelm Möhrke

Wir in...: Herr Möhrke, am 13. September haben Sie ein überzeugendes Ergebnis im ersten Wahlgang erreicht.

Wilhelm Möhrke: So ein Ergebnis muss man erst mal sacken lassen. Anders als die meisten anderen wurde ich von keiner Partei unterstützt. Dadurch war der Wahlkampf schon sehr einsam und doch eigenständig und persönlich.

Wir in...: Haben Sie sich im Vorfeld darüber informiert, was am Bürgermeisteramt alles dranhängt?

Möhrke: Ja klar, das ist eine Herausforderung, etwas Neues für mich. Das ist ein ganz anderer Beruf, aber das sehe ich relativ entspannt. Ich kenne Lengerich aus meiner 20-jährigen Tätigkeit im Stadtmarketing sehr gut. Ich kenne viele aus der Verwaltung oder anderen Bereichen.

Wir in...: Beispielsweise geht es auch darum, zu Parteipolitikern vom Kreis, Land oder Bund Kontakte zu knüpfen.

Möhrke: Ich habe mit allen Landratskandidaten vorher gesprochen. Ich weiß nicht, ob die anderen Kandidaten das gemacht haben? Das ist etwas, was ich vom Stadtmarketing her kenne. Netzwerke braucht man, sonst kann man für Lengerich auch nichts bewegen.

Wir in...: Sollten Sie Bürgermeister werden, wären Sie ja dann auch der Chef in der Verwaltung mit zahlreichen Mitarbeitern. Wie schnell könnten Sie denn von 0 auf 100 kommen in der Position?

Möhrke: In zwei bis drei Monaten werde ich da im Thema sein, davon gehe ich aus.

Wir in...: Welches sind die ersten konkreten Projekte, die Sie angehen möchten?

Möhrke: Es gibt viele Ideen, die man erst artikulieren sollte, wenn man tatsächlich auch im Amt ist. Und daher würde ich mich gerne nach der Wahl mit Ihnen zusammensetzen um Ihnen zu erzählen, welche Dinge ich andenke.

Wir in...: Nichts Konkretes?

Möhrke: Das hat alles was mit meiner Vergangenheit und meiner bisherigen Arbeit zu tun. Beispielsweise ein Projekt wie den Hortensienpark oder mehr für Jugendliche machen; dazu gehört auch „Rock am Rathausplatz“. Auch mehr Grün sowie bessere Aufenthaltsmöglichkeiten in der Fußgängerzone gehören zu den Dingen, die ich umgesetzt sehen möchte.

Wir in...: Zur Lage der „Skater-Anlage“ gibt es einen Ratsbeschluss.

Möhrke: Den Ratsbeschluss stelle ich nicht in Frage. Das ist die Vergangenheit. Ich gestalte nur noch die Zukunft. Aber wenn eine Beerdigung stattfindet und nebenan gehen Jugendliche fröhlich ihrer Freizeitbeschäftigung nach, das passt meiner Meinung nach nicht zusammen.

Wir in...: Sie haben sich auch offen positioniert, was ihre Einstellung zur Gesamtschule in Lengerich betrifft.

Möhrke: Eine Gesamtschule in einem größeren Ort ist hervorragend. Sollten wir auf Dauer nicht genügend Schüler zusammenbekommen, heißt es am Ende aber: „Gesamtschule oder Gymnasium?“. Lengerich ist verschuldet. Wenn wir nochmal 8, 9 oder 15 Millionen Euro Schulden aufnehmen für eine Schule, die wir nicht benötigen, dann müssen wir in ein bis zwei Jahren den Menschen sagen, dass wir für Kindergärten, für die Flüchtlinge kein Geld haben.

Wir in...: Was kann man gegen Leerstände und zur Verbesserung des Kaufverhaltens in der Innenstadt machen?

Möhrke: Das gehört zu den Dingen, die ich Ihnen sage, wenn ich Bürgermeister bin.

Wir in...: Sie wären mit 63 Jahren der älteste Bürgermeister im Kreis Steinfurt.

Möhrke: Das ehrt mich und zeigt, dass es Wertschätzung für Erfahrung gibt. Der derzeit älteste Bürgermeister ist Herr Steingröver aus Ibbenbüren. Der hat mit 63 Jahren das Amt übernommen und das nehme ich mir als Vorbild, denn der hat das insgesamt zehn Jahre gemacht, bis zum 73. Lebensjahr.

Wir in...: „Wenn man sich auf die Politik verlässt, ist man oft verlassen!“ haben Sie im Rahmen einer Wahlkampfveranstaltung gesagt. Glauben Sie nicht, dass Ihnen der Spruch um die Ohren fliegt, da Sie als Bürgermeister ja selbst Politiker sein würden!?

Möhrke: Da ich kein Politiker in dem Sinne bin, sondern Bürger dieser Stadt, will ich das tun, was Lengerich guttut. Die Aussage ist im Grunde genommen gegen alle Politiker, aber nicht gegen unsere Ratsmitglieder gerichtet, denn die stellen sich ja mehr oder weniger ehrenamtlich zur Verfügung und wollen etwas bewirken. Ich habe mich nicht deshalb als Bürgermeisterkandidat aufstellen lassen, weil ich mit allem zufrieden bin.


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