Tierversuche – eine unnötige Quälerei

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Rheine

Rheine. Julius Woestmeyer, Jana Vorbrock, Anneke Koke und Kim Grüner, sind allesamt Schüler der Klasse G12b des Kaufmännischen Gymnasiums Rheine. Im Rahmen ihres Kurses „Sozial genial“ haben sie sich mit der Projektarbeit zum Thema „Tierversuche“ beschäftigt.

Dazu führten sie ein Interview per Mail mit dem Verein „Ärzte gegen Tierversuche“. Dieser Verein arbeitet unter dem Motto „Medizinischer Fortschritt ist wichtig – Tierversuche sind der falsche Weg!“. Seit 1979 setzt er sich für eine tierversuchsfreie Medizin ein. Hierbei stehen die Ursachenforschung, Vorbeugung von Krankheiten und der Einsatz von modernen Forschungsmethoden im Vordergrund.

Interviewpartnerin war Dr. Gaby Neumann, die Pressesprecherin und wissenschaftliche Mitarbeiterin des Vereins. Wir drucken dieses Interview des Rheiner Journalistennachwuchses gerne ab.

Schüler: Betreffen Tierversuche jeden Menschen?

Dr. Neumann: Vermutlich kommt jeder im Alltag mit Dingen in Kontakt, die an Tieren getestet wurden, wie etwa Farben in der Kleidung oder Zusatzstoffe im Essen. Man sollte und kann gar nicht auf alle diese Produkte verzichten, jedoch kann man bei der Kosmetik durch den Einkauf von Produkten mit bestimmten Siegeln darauf achten. Denn trotz EU-Richtlinie haben viele Kosmetik-Produkte eine Tierversuchsvergangenheit. (...)

Was hat Sie besonders im Zusammenhang mit Tierversuchen schockiert und berührt?

Schockierend sind die hohen Zahlen in den Tierversuchsstatistiken und die häufig absurden Versuche dahinter. 2019 litten und starben fast 3 Millionen Tiere allein in deutschen Tierversuchslaboren.

Wie stehen Sie zu der Frage, ob Tierversuche für die Forschung notwendig sind?

Der Weg zu einem neuen Medikament führt über sehr viele Tierversuche, um potenzielle Wirkungen und Nebenwirkungen zu erforschen. So soll eine „Sicherheit“ gewährleistet sein, bevor eine Substanz am Menschen getestet wird. Etwa 95 Prozent der Stoffe, die erfolgreich an Tieren getestet werden, versagen aber aufgrund hochgradiger Nebenwirkungen oder fehlender Wirkung bei der Anwendung am Menschen. Andersherum sind viele Medikamente, die bei Menschen helfen, für Tiere gefährlich. Beispielsweise ist das Schmerzmittel Paracetamol giftig für Katzen.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass manche Wirkstoffe, die bei uns Menschen funktionieren würden, gar nicht in die klinische Testphase am Menschen kommen, da sie am Tier keine oder eine andere Wirkung zeigten. Wir Menschen unterscheiden uns schon individuell stark, wir reagieren unterschiedlich auf verschiedene Stoffe und Medikamente. Tiere wie Mäuse sind völlig anders aufgebaut, weshalb eine Übertragbarkeit von Versuchen sehr spekulativ ist. Um menschliche Krankheiten zu simulieren, werden Tiere künstlich krankgemacht, obwohl sie viele unserer Krankheiten gar nicht entwickeln würden. Wir setzen uns daher für moderne und humanrelevante Forschungsmethoden ein und sehen Tierversuche als sinnlos oder sogar gefährlich an.

Welche Alternativen gibt es?

Es stehen in der heutigen Zeit vielfältige Alternativmethoden zur Verfügung. Dazu gehören verschiedenste In-Vitro-Methoden, was so viel heißt wie „Im Reagenzglas“, wobei die Zellen beispielsweise aus „Abfallmaterial“ von Operationen stammen. Weitere Verfahren sind unter anderem analytische Verfahren und Computermodelle. Viele Erkenntnisse können durch klinische Forschung, das heißt, durch sorgfältige Beobachtung von Patienten gewonnen werden.
Mittlerweile ist es sogar möglich, menschliche Zellen (etwa aus der Haut) zurückzuprogrammieren zu sogenannten induzierten pluripotenten Stammzellen und aus diesen kleine Mini-Organe wie Lebern oder Herzen herzustellen. Mehrere dieser Mini-Organe können dann auf einem Multi-Organ-Chip über einen künstlichen Blutkreislauf miteinander verbunden werden. Anhand dieser Methode lassen sich Wirkungen und Nebenwirkungen neuer Medikamente auf menschliche Organe schnell, zuverlässig und preisgünstig testen.

Obwohl Tierversuche teuer und unzuverlässig sind, gelten sie als „Goldstandard“ in der Forschung und werden deshalb auch verstärkt finanziell gefördert.

Das Fazit der Schüler nach diesem Interview lautet:
„Durch viele kleine Schritte kommen wir unserem Ziel immer näher. Wir sind davon überzeugt, dass Tierversuche bald der Vergangenheit angehören werden.“


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