Europas Spuren in Westfalen entdeckt

Die Exkursionsteilnehmer ließen sich im Musiktheater von dem Schwammrelief des Künstlers Yves Klein in dem von ihm entwickelten „Gelsenkirchener Blau“ begeistern. Der Architekt Werner Ruhnau gestaltete das Musiktheater im Revier gemeinsam mit europäischen Künstlern zu einem der bedeutendsten Theaterbauten der Nachkriegszeit. Foto: Martin Schmitt

Rheine

Rheine. Als 1927 der FC Schalke 04 in Gelsenkirchen die Glückauf-Kampfbahn errichtete, ahnte noch niemand, dass diese zu einem „Schmelztiegel Europas“ werden würde. Doch der Verein entwickelte sich zu einem sozialen Klebstoff für Menschen, die ihre Heimat verließen, um im „Ruhrpott“ zwischen Kohle und Staub ihren Träumen von einem guten Leben näher zu kommen.

Um solche „Spuren Europas in Westfalen“ zu entdecken, starteten jetzt Mitglieder und Freunde der Europa-Union Steinfurt auf dem Emstorplatz in Rheine zu den von Denkmalpflegern des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL)vorgegebenen Zielen in Gelsenkirchen. Neben der Glückauf-Kampfbahn standen denn auch das Schloss Horst und das „Musiktheater im Revier“ im Mittelpunkt der Exkursion.

Ähnlich wie am Kloster Bentlage in Rheine war es ein großes bürgerschaftliches Engagement, das dazu führte, Schloss Horst als ein Zeuge einer vergangenen Zeit zu erhalten. Angelehnt an französische, niederländische, florentinische und römische Vorbilder entstand das Schloss als eine vierflügelige Anlage mit quadratischem Grundriss. Heute sind nur wenige Teile der historischen Anlage geblieben, wie der engagierte Kunst- und Bauhistoriker Elmar Alshut erläuterte. Dennoch ist das restaurierte Schloss Horst eines der bedeutendsten Renaissanceschlösser in Nordwestdeutschland, wie Denkmalpfleger Dr. Oliver Karnau vom LWL ergänzte. Es dient heute als Museum und Sitz verschiedener Einrichtungen der Stadt Gelsenkirchen. Das Musiktheater im Revier zählt heute zu den bedeutendsten Theaterbauten der Nachkriegszeit. Der Entwurf des Theaters geht zurück auf Werner Ruhnau, der nicht nur ein architektonisch spannendes Gebäude schaffen wollte, sondern Architektur und Kunst miteinander verbinden wollte. So beteiligte er Künstler aus Frankreich, England, Deutschland und der Schweiz an dem sich durch große Glasflächen auszeichnenden Gebäude, die vor allem den Blick auf die großen blauen Reliefs freigeben, die von dem französischen Künstler Yves Klein geschaffen wurden. Einzigartig und unbedingt sehenswert, wie Exkursionsteilnehmer feststellten.

Ein für die Teilnehmer begeisternder Höhepunkt war zweifellos das Gespräch mit Oliver Kruschinski, dem Vertreter der „Stiftung Schalker Markt“, die die gesellschaftliche Bedeutung des Fußballs für Gelsenkirchen herausstellt. Tradition, Legende, Mythos, Leidenschaft, Hoffnung und Zukunft sind untrennbar mit Schalke verbunden. Neben der sportlichen Bedeutung ist Schalke 04 ein Spiegelbild der kulturellen Vielfalt in Gelsenkirchen und der gesamten Region. Die im 19. Jahrhundert durch den Bergbau begründete Zuwanderung der „Przybylskis und Kuzorras“ prägte die Region. Die Integration von Hunderttausenden fand durch Arbeit, Kirche und Fußball statt. Sie führte zu einer menschlichen Solidarität, die heute noch als hohes Gut verstanden wird. Oliver Kruschinski verstand es eindrucksvoll, die große Geschichte des Stadtteils Schalke mit der heutigen Situation und den Zielen der Stiftung zu verbinden. – Ein überzeugendes Bekenntnis für ein gemeinsames Europa.


Anzeige