Schützen behalten ihren Optimismus

In Sachen Schützenwesen in Borghorst wollen die Vorsitzenden an einem Strang ziehen: (v.l.) Dennis Dieckmann (Ostendorfer), Stefan Drerup (Dumter), Kai Laukemper (Prinzen), Sven Rottwinkel (Wilmsberger), Florian Kleymann (Patrioten), Maik Stücken (Vorstädter) sowie Frank Zimmermann und Jörg Göcke (Schriftführer der Vereinigten Schützen Borghorst). Foto: Simone Friedrichs

Steinfurt

Von Simone Friedrichs. Borghorst. Pandemiemüde – das ist wohl die passende Bezeichnung für die derzeitige Stimmung in vielen Vereinen. Auch die Borghorster Schützen können davon ein Lied singen. Die Vorsitzenden treffen sich nicht regelmäßig, aber doch häufig, um sich auszutauschen – zuletzt beim Vereinigten-Schriftführer Jörg Göcke.

„Wir waren uns im vergangenen Sommer schnell einig, dass Karneval mit Proklamation, großem Zelt und Rosensonntagsumzug ausfallen muss“, erzählt Stefan Drerup vom Dumter Schützenverein. „Die finanziellen Vorleistungen sind einfach zu hoch, das konnten wir nicht riskieren.“ Außerdem steht er mit seinen Dumtern vor der nächsten Herausforderung: Das Stadt-Dreigestirn für die kommende Session müsste eben aus Dumte kommen. „Aber wie sollen wir da jemand motivieren, wenn es noch keine wirkliche Prognose gibt, ob auch alles gefeiert werden kann? Schließlich muss ja ein Dreigestirn auch einige Termine einplanen.“ Frank Zimmermann von den Vereinigten indes versucht gerade mit dem seit 2020 amtierenden Dreigestirn Frank II. und Anja III. Merker sowie Zerri Andre Lehmkuhl eine Aktion zu organisieren, die den Bürgern, und vor allem den Kindern, den Karneval zumindest ins Gedächtnis ruft: „Vielleicht können in Grundschulen und Kitas Orden gebastelt und später im Rathaus ausgestellt werden. An der Umsetzung arbeiten wir aber gerade noch und suchen Sponsoren, bevor wir konkret werden können“, so Zimmermann.

Konkret werden müssen derweil bereits alle Schützenvereine in Sachen Schützenfest. „Auch wenn das gerade wirklich schwer ist, denn die Preise sind immens gestiegen“, erkklärt Maik Stücken, Vorsitzender der Vorstädter Schützen in Borghorst. „Im vergangenen Jahr gab es noch die Corona-Klausel, das hieß keine Kosten bei Ausfall. Die gibt es jetzt nicht mehr. Wer bestellt muss auch bezahlen.“ Zeltverleiher hätten aber teilweise kein Personal und daher den Verleih für 2022 ganz ausgesetzt, beim Catering seien die Preise ebenfalls gestiegen und die wenigen Live-Bands, die es noch gibt, seien ebenfalls sehr viel teurer geworden. Höhere Kosten für Security kämen noch obendrauf. „Wir mussten mit den Mitgliedern abstimmen, ob wir in die Planung gehen und dann bei Absage auf den Kosten sitzenbleiben – ohne Schützenfest. Die Mitglieder wollten das Risiko aber eingehen“, so Stücken. Außerdem haben die Vereine laufende Kosten, die ebenfalls nicht geringer werden – im Gegenteil. „Wir mussten sogar die Mitgliedsbeiträge erhöhen, weil wir damit nicht mehr über die Runden kamen und keinerlei Rücklagen bilden konnten“, sagt Kai Laukemper.

Im vergangenen Jahr hatten alle auf das Schützenfest verzichten müssen. „Aber wir müssen dranbleiben an den Mitgliedern, auch persönlich“, betont Kai Laukemper von den Prinzen Schützen. So wurden zu Weihnachten in Dumte Plätzchen verteilt, im Sommer gab es in Wilmsberg Frühschoppen-Körbe, in Ostendorf den Dämmerschoppen und bei den Prinzen den Biergarten.

Die Patrioten veranstalteten im Sommer anstatt des Schützenfestes die Jubilarehrung und den Patriotentag nur für Mitglieder, die Vorstädter ein Familienpicknick. Eine weitere große Schwierigkeit liege ohne Schützenfeste in der Nachwuchswerbung. „Hier haben wir schon viel investiert und müssen neue Wege finden“, so Laukemper. Das sei vor allem bei den Spielmanns- und Musikzügen ein großes Thema. „Es kann zwar online geprobt werden, das ist aber nicht zu vergleichen mit den Proben im Orchester. Schließlich sind hier das Zusammenspiel und die Gemeinschaft das Wichtigste und auch das, was am meisten Spaß macht, ebenso wie das Musizieren vor Publikum. Bei den Tanzgarden sieht das ja genauso aus.“

Ihren Optimismus verlieren alle Borghorster Vorsitzenden trotzdem nicht: „Wir bleiben dran und im engen Austausch. Es wird sich viel ändern, so wie früher werden die kommenden Feste sowieso nicht mehr werden“, sind sich alle einig. „Aber es ist auch eine gute Zeit, um Veränderungen zu schaffen, neue Ideen anzubieten und auszuprobieren. Die Tradition muss dabei immer im Blick behalten werden, aber wir müssen auch moderner werden. Und vielleicht in Zukunft noch mehr zusammen auf die Beine stellen“, ist Kai Laukemper überzeugt. Dass das klappen kann bei den Borg­horster Schützen haben sie bei der gemeinsamen Sammel- und Transportaktion ins Flutgebiet im Sommer bewiesen. Denkbar und wünschenswert ist in den Augen von Kai Laukemper in ein paar Jahren sogar ein großes gemeinsames Schützenfest anstatt der vielen kleinen. „Dass Fusionen bestens funktionieren, zeigt der Borghorster Fußball. Auch der Zusammenschluss von Preußen und Wilmsberg galt lange Zeit als undenkbar. Heute sind alle mehr als zufrieden“, betont Sven Rottwinkel, stellvertretender Vorsitzender der Wilmsberger Schützen und amtierender König.

„Bevor uns die Basis demografisch bedingt wegbricht, müssen wir den Grundstein für eine gemeinsame Schützenkultur in Borghorst legen“, ist Kai Laukemper überzeugt. Für die kommende Saison stehen alle Vereine in den Startlöchern, „aber natürlich unter Vorbehalt: Mit angezogener Handbremse will keiner feiern – wir müssen die Entwicklung abwarten“, sagt auch Dennis Dieckmann von den Ostendorfer Schützen.

Nicht nur die Prinzen Schützen (hier Kai Laukemper mit Bürgermeisterin Claudia Bögel-Hoyer), auch die anderen Schützenvereine engagierten sich für schnelle Flutopferhilfe im Sommer 2021. Foto: Archiv


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