Horstmarer Steinmetz lernte am St.-Paulus-Dom

Noch heute fühlt sich Anton Lindenbaum mit dem St.-Paulus-Dom in Münster besonders verbunden, bei dessen Wiederaufbau er von 1950 bis 1954 mitgearbeitet hat.Foto: Bischöfliche Pressestelle/Michaela Kiepe

Steinfurt

Münster / Horstmar (pbm/mek). Der St.-Paulus-Dom ist die Mutterkirche des Bistums Münster. Heute erstrahlt er in schönster
Manier. Doch nach dem Krieg lag das Gotteshaus in Schutt und Asche. Eine Ruine, deren Bausubstanz völlig zerstört war.

Wieder aufgebaut wurde der Dom vor allem von Steinmetzen, die ab 1946 in der neu gegründeten Dombauhütte tätig waren. Einer von ihnen ist Anton Lindenbaum aus Horstmar.
Der heute 81-Jährige erinnert sich gern an seine Zeit in der Dombauhütte. „Im April 1950 habe ich meine Ausbildung begonnen und bis November 1954 in der Dombauhütte gearbeitet“, berichtet der Horstmarer. 32 Steinmetzgesellen und zwei Meister haben damals am Dom gearbeitet. „Es war eine schöne Zeit, die vor allem von dem guten Miteinander und der Kameradschaft geprägt war“, sagt Lindenbaum. Da sei es egal gewesen, welches Alter die Handwerker gehabt hätten. Jeden Tag ist Lindenbaum mit dem Bus von Horstmar nach Münster gefahren. Los ging es für ihn früh morgens um 5.45 Uhr. Zu Hause war er erst um kurz vor 19 Uhr. „Das war ein langer Tag für einen 15-Jährigen.“ An zahlreiche Kollegen erinnert er sich, und viele Geschichten weiß er zu erzählen. Doch nicht alle seien für eine Veröffentlichung geeignet, bemerkt er lachend. „Wir haben oft Wanderlieder bei der Arbeit gesungen und im Takt dazu den Stein geschlagen“, berichtet er. Auch hätten die Handwerker mit einiger Übung an den Metallstäben der Galenschen Kapellen das Lied „Üb immer Treu und Redlichkeit“ spielen können, verrät er.

Als Lindenbaum in Münster arbeitete, lag der Domplatz noch voller Schutt. Was gebraucht werden konnte, wurde wieder verwertet. Am Dom gab es eine Schreinerei, eine Schmiede, eine Sanitärwerkstatt und eben die Lehrwerkstatt für die Steinmetze. „Wir mussten auch in den anderen Gewerken aushelfen, wenn Not am Mann war. Das war interessant“, sagt Lindenbaum.

In der Werkstatt der Steinmetze hatte jeder Mitarbeiter seinen festen Platz und seine eigene Werkzeugkiste: „Meine hatte die Nummer zwei.“ Der Sandstein kam aus den Baumbergen und wurde auf dem Domherrenfriedhof geschlagen. Alles wurde bearbeitet wie im Mittelalter, da es keine Maschinen gab. „Die großen Blöcke wurden von den Steinhauern bearbeitet, die Löcher sind mit der Hand getrieben worden“, nennt Lindenbaum Beispiele. Er selbst hat hauptsächlich beim Versetzen der Steine geholfen und das Aufmaß der Radfenster genommen. Auf dem Boden über der Sakristei und dem Kapitelssaal hätten die Steinmetze die Schablonen für die Fenster ausgelegt, denn dort hatten sie genügend Platz.

„Aber als Stifte mussten wir auch die Henkelmänner für die Gesellen und Meis­ter warmmachen“, erzählt er. Das passierte mitten im Dom. Ebenso machte er sich gemeinsam einigen Kollegen mit einem Handwagen, auf dem der Hahn des Südturms befestigt war, auf den Weg durch Münster, um Naturalien für das Richtfest zu sammeln. Im Winter war die Arbeit hart. „In der Werkstatt gab es zwei Öfen. Aber die Steine waren so kalt, dass die Hände an ihnen kleben blieben. Haben wir sie auf den Ofen gelegt, wurden sie zu heiß. Dann haben wir uns die Finger verbrannt“, weiß der gelernte Steinmetz zu berichten, der ein Jahr nach seiner Ausbildung umschulte und bis zur Rente als Tabakgroßhändler seinen Lebensunterhalt verdiente.
Sein Gesellenstück schmückt noch heute den Dom: „Es ist ein Mittelstück aus dem Radfenster“, erzählt Lindenbaum nicht ohne Stolz. Einen halben Mann groß misst sein Werk, das er jedes Mal, wenn er Münster besucht, in den Blick nimmt. Auch das heimische Büro schmückt ein Bild des St.-Paulus-Doms. „Ich habe es nach einem Foto malen lassen“, verrät Lindenbaum. Direkt daneben zeugen einige alte Fotografien von der Zeit in Münster.

„Am Dom arbeiten zu dürfen, war für uns eine Ehre. Wir haben auch die Glocken geläutet und in der Messe gedient, die in der Marienkapelle gefeiert wurde“, erinnert er sich. So war es für ihn ein Herzenswunsch, in eben dieser Kapelle seine zweite Frau Maria zu heiraten. „Wir haben die Genehmigung erhalten, sodass dieser Wunsch vor 34 Jahren in Erfüllung ging“, freut sich der 81-Jährige noch heute.


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