Sterbefasten: Würdiges Sterben?

Gemeinsam boten Franz Hitze Haus und das Ethikforum im Bistum Münster die Diskussionsveranstaltung zum Sterbefasten an (von links): Dr. Boris Krause (Geschäftsführer des Ethikforums), Prof. Jochen Sautermeister, Maria Kröger (Franz Hitze Haus), Dr. Andreas Stähli. Foto: Caritas

Überregional

Münster (cpm). „Sterbefas­ten“ als freiwilliger Verzicht auf Essen und Trinken ist eine Herausforderung mit vielen Facetten. 180 Teilnehmer einer Vortrags- und Diskussionsveranstaltung von Franz Hitze Haus und dem Ethikforum im Bistum Münster signalisierten das große Interesse am Thema „Freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit“ (FVNF) in der letzten Lebensphase.

Prof. Dr. Dr. Jochen Sautermeister, Moraltheologe an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn, und Dr. Andreas Stähli, Leiter der Akademie am Johannes-Hospiz in Münster, ordneten die FVNF sowohl moralisch-ethisch als auch praktisch-pflegerisch ein. 

Prof. Dr. Dr. Jochen Sautermeister verdeutlichte die beiden gegensätzlichen Positionen zum FVNF. Sterben durch den FVNF könne als eine Art des Suizids oder als Einwilligung in das eigene Sterben betrachtet werden. Zudem sei wichtig zu klären, ob die Entscheidung „freiverantwortlich oder unter krankhafter, beziehungsweise krisenhafter Beeinflussung des Denkens und Wollens“ zustande komme. Je nach Einschätzung könnten daraus unterschiedliche moralische und juristische Hilfeleistungspflichten erfolgen.

Aus theologisch-ethischer Sicht müsse es grundsätzlich vorrangig um Lebensbejahung und -förderung gehen, machte Sautermeister deutlich. Gleichwohl werde auch im Rahmen der von der Evangelischen Kirche Deutschlands und der Deutschen Bischofskonferenz herausgegebenen „Christlichen Patientenvorsorge“ explizit auf die Möglichkeit einer Reduktion von künstlicher Ernährung und Flüssigkeitszufuhr hingewiesen sowie auf das Stillen von Hunger- und Durstgefühlen am Lebensende.

Dr. Andreas Stähli referierte über die palliative Begleitung nach der Entscheidung eines Patienten zum FVNF. „Der freiwillige Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit, der sich über mehrere Tage und gegebenenfalls Wochen hinziehen kann, indiziert wegen der notwendigen Symptomkontrolle palliative Maßnahmen, also eine medizinisch-pflegerische Betreuung.“

Der FVNF kann innerhalb einiger Tage mit dem allmählichen oder sofortigen Aufhören zu essen und zu trinken beginnen, setzt sich fort über bis zu zwei Wochen mit einer Flüssigkeitszufuhr von unter 50 Millilitern am Tag für die wichtigen Maßnahmen der Mundpflege und endet mit der noch wenige Tage dauernden Sterbephase. Auf die mögliche, zunehmende Symptombelastung wie schmerzhafte Folgen der Dehydration, Übelkeit und Erbrechen sowie Unruhe, Verwirrtheit und Delirium kann palliativ reagiert werden.

Dr. Stähli machte anhand eines Fragebogen und eines Handlungsleitfadens des Johannes-Hospizes deutlich, wie im Falle des FVNF konkret vorgegangen werden kann. „Die Betreuung und Begleitung des freiwilligen Verzichts auf Nahrung und Flüssigkeit bedarf einer sorgfältigen Planung und Unterstützung des Patienten und seiner Angehörigen, denn es kann ein beschwerlicher Weg sein“, so Stählis abschließendes Fazit.

In der sich anschließenden Diskussion wurde geäußert, dass die FVNF bei einer todbringenden Erkrankung „eine große Chance sein kann, den Weg in ein würdiges Sterben zu finden.“ Gleichwohl sei sie noch zu wenig in der Öffentlichkeit bekannt.


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