Wurde die Große Kirche schon im 8. Jahrhundert erbaut?

Der Historiker Dr. Spannhoff hielt einen informativen Vortrag über die Große Kirche in Burgsteinfurt. Foto: Veranstalter

Steinfurt

Steinfurt. Die Einrichtung der großen Kirche in Burgsteinfurt darf bereits im 9. wenn nicht gar im 8. Jahrhundert vermutet werden. Zu dieser Einschätzung kam Dr. Christof Spannhoff vom Institut für vergleichende Städtegeschichte bei seinem Vortrag auf Einladung des Heimatvereins Burgsteinfurt und des Kulturforums, der wegen der Corona-Pandemie weltweit in der Kirche stattfand.

Als Gründe nannte der Historiker, dass die städtische Siedlung später entstand als die Kirche im Bereich des Friedhofs.

Der heutige Stadtbereich wurde erst im 13. Jahrhundert angelegt (erste Erwähnung: 1322). Stadtrechte nach müns­terischem Vorbild verlieh Ludolf von Steinfurt seinem Ort 1347, die Befestigung der Stadt erfolgte nach 1396.

Karl der Große und Liudger, der 805 als erster Bischof von Münster eingesetzt wurde, waren nicht die Ersten, die den christlichen Glauben im Müns­terland verbreiteten, verwies Spannhoff auf die Brüder Ewalde, die bereits gut 100 Jahre vor Karl dem Großen als Missionare hier tätig waren. Aus Bestattungen kann geschlossen werden, dass es bereits vor Karl dem Großen und Liudger Christen in Westfalen gab.

Die Kirche im alten Sachsen nannte Spannhoff eine Missionskirche, feste Bistümer mit genauen Grenzen bildeten sich erst im Hochmittelalter (1050 bis 1250). Schriftlich indirekt erwähnt wird das heutige Burgsteinfurter Gotteshaus erst 1238, indem ein „plebanus in Stenvorde“ – also ein Priester in Steinfurt – namens Henricus genannt wird. Im Jahr 1247 ist von einem Kirchspiel Steinfurt die Rede. Architektonisch gehen die ältesten Teile der Kirche auf einen romanischen Bau des frühen 13. Jahrhunderts zurück. Bisherige Funde lassen auf einen Vorgängerbau schließen. Die These, dass die Burgsteinfurter Kirche im frühen 9. Jahrhundert gegründet wurde, könne von archäologischer Seite bisher weder bestätigt noch widerlegt werden.

Laut Spannhoff hat es sich um eine Eigenkirchengründung auf dem Aahof gehandelt. „Da die Edelherren von Steinfurt 1270 das Patronatsrecht an die vermutlich 80 Jahre zuvor gegründete Johanniterkommende übertragen konnten, waren sie also die damaligen Eigenkirchenherren“, so der Historiker, der darauf verwies, dass Patrozinien im Lauf der Jahrhunderte häufig wechselten. Voraussetzung für ein Patrozinium war der Besitz von Reliquien. Wie aber kamen Überreste des Heiligen Willibrord nach Burgsteinfurt? Als Möglichkeit nannte Spannhoff, das der im Münsterland missionierende Abt Beornrad sie aus Echternach, wo Willibrord seine letzte Ruhestätte fand, mitgebracht hat. Das Patrozinium des Heiligen Willibrord wird urkundlich erstmals 1415 erwähnt.

Weiter ging der Redner auf die ungenaue Ostung der Burgsteinfurter Kirche ein, deren Abweichung bei sieben Grad liegt. Die unsaubere Ostung der Kirche deutet auf eine Errichtung unmittelbar nach den Sachsenkriegen (772 bis 804) hin.
Das hohe Alter einer Kirche ist stets an eine günstige Verkehrslage gekoppelt. Die Steinfurter Aa wurde von einer „via regia“, einem Königsweg, gekreuzt. Weiteres Indiz ist der Standort der Kirche außerhalb der Stadt. Absolute Gewissheit über das Alter der Großen Kirche in Burgsteinfurt könnten aber nur eindeutige archäologische Ergebnisse bringen, hofft der Historiker, dass die Methoden auf diesem Gebiet weiter verfeinert werden.


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